MuC-UP12: Designstrategie und organisationelle Fitness

Henning Brau ist in seinem Vortrag der Frage nachgegangen, wie sich UCD-Prozesse in Unternehmen etablieren lassen und welche Herausforderungen sich dabei ergeben. Aus seiner Praxiserfahrung hat er zwei Hypothesen für die wesentlichen Herausforderungen für die Einführung von UCD in gewachsenen Unternehmen formuliert:
* UCD-Kreuzzüge von Evangelisten sind meist defizitorientiert. Das heißt, dass sich die Einführung auf die Defizite stützt, die aus fachlicher UCD-Sicht im Unternehmen vorhanden sind. Es geht also darum den Kollegen zu zeigen, was falsch läuft.
* Es fehlen etablierte Vorgehensmodelle für die Einführung von UCD
Ausgangssituation ist meist, dass die Produkte des Unternehmen bisher mehr oder weniger erfolgreich waren bzw. sind … sonst wäre das Unternehmen ja nicht gewachsen. Aus Unternehmenssicht fehlt daher meist das meist das Verständnis, dass es aus Sicht des UCD Handlungsbedarf bzw. Optimierungsmöglichkeiten im Bereich Produktgestaltung gibt.
Ein guter Einstiegspunkt für die Schaffung des Verständnisses zu den Handlungsbedarfen und Optimierungsmöglichkeiten ist das Unternehmensimage und dessen Corporate Design. Hier ergibt sich bei gewachsenen Unternehmen, die schon lange im Markt agieren, oft eine Lücke zwischen dem Anspruch eines Unternehmens – der im Corporate Design zum Ausdruck kommt – und der Gestaltung ihrer Produkte.
Für das Corporate Design sieht Henning Brau folgende Herausforderungen:
* Globales Handeln (offene Märkte, Geringer Abstand der Marktteilnehmer)
* Wachsende Komplexität (Konsistenz, Visualisierung)
* Digital Natives (UX, Mobilisierung)
* Flexible Marke (Kurze Reaktionszeit, Innovation im Bereich Produktgestaltung)
Da das Corporate Design eine Grundlage für Markenbindung und ein Differenzierungsfaktor in gesättigten Märkten ist, plädiert er für eine Hinwendung zu einem holistischen Corporate Design Ansatz. Dies ist ein wesentlicher Schritt um den Herausforderungen für das Corporate Design – wie z.B. der Zunahme an Plattformen und aufweichende Produktgrenzen sowie einen Beschleunigung im Bereich der Designtrends – gerecht zu werden.
Wesentlich für den holistischen Ansatz ist eine stimmige Wechselbeziehung zwischen Produkt-, Kommunikation- und Umgebungsdesign. Die heute oft verteilte Verantwortungen für diese Designthemen muss für die Erreichung eines durchgängigen Corporate Designs in einer übergeordneten Designeinheit gebündelt werden. Diese Designeinheit muss sich um die Definition, Einführung und Umsetzung des ganzheitlichen Designansatz kümmern. Wesentliche Handlungsfelder für diese Organisationseinheit sind Designanforderungen, Designsprache, Designmittel, Qualitätsprüfung Design und die Analyse von Designtrends).
Weiterhin ist ein unternehmensweites Verständnis von Design notwendig. Der Designbegriff ist jedoch für die meisten gewachsene Unternehmen schwierig zu greifen, da Design meist über die bisherigen Kernbetätigungsfelder hinausgeht. Design wird vom Management daher oft stark subjektiv auf Basis der eigenen Vorlieben eingeschätzt. Damit Design funktioniert und sich im Unternehmen etablieren kann, muss es mit den Organisationszielen und übergreifenden Strategien verknüpft werden.

Design muss durch normative Vorgaben von der operativen auf die strategische Ebene kommen.

Im Klartext: Der beste Weg für die Einführung von UCD geht nicht über der operative Mitarbeiterbasis, sondern Top-Down über die Geschäftsleitung. Allerdings ist es auch bei diesem Vorgehen notwendig, dass es UCD-Evangelisierer gibt, die mit Feuer und Flamme für das Thema werben.
Für das Verständnis von Design und Designstrategie schlägt er folgende Definition vor:

Designstrategie bündelt auf die Zukunft ausgerichtete Festlegungen einer Organisation um ein konsistentes, replizierbares und für die Organisationsziele stimmiges Gestalten von Produkten, Kommunikation und Umwelt zu ermöglichen und Subjektivität zu minimieren.

Als wesentlichen Faktor für eine erfolgreiche Designstrategie sieht er die Unternehmenskultur. Seine Formel für Corporate Identity ist daher:

Corporate Identity = Corporate Design + Unternehmenskultur

Eine Designstrategie umfasst also nicht nur gestalterische Themenstellung, sondern auch Organisatorische. Der Umfang in dem organisatorische Themen behandelt werden müssen, hängt von der organisationelle Fitness ab.

Organisationelle Fitness bezeichnet den Grad, in dem einen Organisation ein bereichsübergreifendes Vorhaben mit bestehenden Merkmalen umsetzen kann, ohne signifikante Veränderungen an sich vornehmen zu müssen.

Um die organisationelle Fitness zu bewerten, schlägt er folgende Schritte vor:
* Unternehmen verstehen (Unternehmensziele, Produktdesign, Kommunikationsdesign und Umgebungsdesign, Unternehmenskultur, Prozesse, Aufbauorganisation, Ressourcen)
* Managementsystem analysieren bzw. Stakeholder und Motivatoren kennenlernen (Designverständnis, Akzeptanzanalyse, Absichten im mittleren Management)
* Kriteriensystem aufstellen und Bewertung vornehmen (Kriterien können sein: Zustimmung des Top Management, Verbindung zu Unternehmenswerten, Innovationskultur, Ist Design ein Wettbewerbsfaktor, Wird Design als Managementaufgabe verstanden, Ist Design strukturell verankert, Ist Design ein bereichsübergreifendes Vorhaben, Reifegrad von Design in der Entwicklung, Integration von Designverantwortung, Gibt es Personalentwicklung zu UX, Gibt es ein anwenderorientiertes Vorgehen, Produktübergreifendes Denken vorhanden)

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