MuC-UP13: From the margin to the center

Phoebe Sengers (Cornell University) eröffnete mit ihrer Keynote “From the margin to the center: using niche perspectives to reframe design” den fachlichen Teil der diesjährigen Mensch und Computer / Usability Professionals / DeLFI.

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Sie stellt in ihrem Vortrag die These auf, dass die Ausrichtung der Produktgestaltung auf die Bedürfnisse durchschnittliche bzw. typische Anwender zu Einschränkungen hinsichtlich der Innovation führt. Um Innovationen zu entwickeln bzw. zu finden, ist aus ihrer Sicht die Konzentration auf untypische oder extreme Anwender notwendig. Sie führte dazu Methoden und Denkansätze wie “Extreme Users”, “Lead Users” und “Transfer Scenarios” an.

“Opening design spaces through understanding the margins.” Phobe Sengers

Sie berichtete über vier Fallstudien “A remote Canadian subsistence village”, “IT in the Icelandic fishery”, “Simple living families in a small American town” und “Mobile phone adoption in Jamaica”, in denen versucht wurde über “untypische Anwender” innovative Ideen zu finden. Beispielsweise wurde in dem Projekt “IT in the Icelandic fishery” die Veränderungen durch Informationstechnologie in der Fischerei Islands mittels ethnographischen Methoden untersucht. Dabei wurde beobachtet, dass sich die Arbeit der heutigen Fischer der von Buchhaltern annähert. Bei jeder Fangfahrt werden sehr viele Daten bezüglich des Fanges gesammelt (Wie viel Fisch wurde gefangen? Was ist der aktuell wert? …) Die Daten werden eingesetzt, um den Fang und Gewinn möglichst zu maximieren. Fischer beschäftigen sich mehr mit diesen Daten als mit dem tatsächlichen Fischfang. Diese ständige datengetriebenen Maximierungsbestrebungen verändern das Verständnis der Fischer zu ihrer eigentlichen Arbeit und verschärfen das Problem der Überfischung. Fischer beschäftigen sich weniger mit der Nachhaltigkeit ihrer Arbeit, sondern mehr mit der Erfolgsmaximierung. Die aus diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse wurden dann auf die Nutzer von Fitness-Apps übertragen. Auch hier sollen Daten dazu beitragen den Fitnesserfolg zu maximieren. Aber wie auch in der Fischerei ist dieses Streben nach Maximierung nicht nur mit Vorteilen, sondern auch mit Nachteilen verbunden ist.

Grundsätzlich stimme ich mit ihr überein, dass Innovationen auch über die Betrachtung der Bedürfnisse von “nicht-durchschnittlichen Anwendern” – wie z.B. Power-Users; Early Adoptern; Geringnutzern; Anwender, die Produkte für andere Zwecke “missbrauchen” – gefunden werden können. Die extreme Auslegung der These, dass beispielsweise Fischer beobachtet werden, um Erkenntnisse auf Fitness-Apps zu übertragen, klingt für mich aber ehrlich gesagt ein wenig nach einem Versuch, das Budget für schöne Dienstreisen zu begründen. Aber ich will mal nicht meckern … eine Islandreise um etwas über Buchhaltung zu lernen, wäre schon fein. Mal schauen, was meine Chefin dazu sagt 🙂

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