Trends und Themen für UX in 2018

Es ist Januar 2018 und für mich wieder eine gute Gelegenheit zu überlegen, welche Trends und Themen mich in den kommenden 12 Monaten rund um User Experience, Product Design und Design Management beschäftigen werden.

Design Leadership

In Managementkreisen ist es mittlerweile eine Binsenweisheit, dass Product Design eines der wesentlichen Differenzierungsmerkmale und Erfolgskriterien für digitale Produkte ist. Product Design vermittelt zwischen geschäftlichen Zielen, Technologien und den Lebenswelten der Kunden. Es ist eine der Disziplinen, die einen zentralen Einfluss auf das Erlebnis der Kunden mit den Produkten und Diensten eines Unternehmens haben.

Dazu passt, dass ich in den vergangenen Monaten aus vielen produktentwickelnden Unternehmen gehört habe, dass diese ihre interne Gestaltungskompetenzen durch die Einstellung von (UX-)Designern, die UX-Ausbildung von Mitarbeitern und den Aufbau von internen Designteams bzw. Designorganisationen gestärkt haben. Einige Unternehmen haben Designstrategien und Zukunftsvision erarbeitet, um ihren Mitarbeitern Orientierung zu geben und ihren Kunden ihre Zukunftsfähigkeit zu beweisen. Ich gehe davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Es bleiben also auch die kommenden Monate rosige Zeiten für UX-Designer.

Aber auch rosige Zeiten bringen ihre Herausforderungen. Ich gehe davon aus, dass der Wettbewerbsdruck durch die digitale Transformation und die geringeren Markteintrittsbarrieren für Startups in den kommenden Monaten weiter ansteigen wird. Es genügt nicht, dass Unternehmen die nötige Gestaltungskompetenzen besitzen. Ich gehe davon aus, dass die Kompetenz und Exzellenz mit der Product Design in Unternehmen geführt wird, eine zentrale Stellung einnehmen wird. Während die Gestaltungskompetenz die Grundlage bildet, dass Unternehmen überhaupt gute Produkte gestalten können, ist exzellentes Design Management die Voraussetzung dafür, dass Unternehmen zielgerichtet, wiederholbar und effizient erfolgreiche Produkte gestalten können.

Die Professionalität im Design Management ist außerdem der Schlüssel dazu, dass über Product Design und Design Thinking nachhaltig neue Dienste und Produkte entstehen können, die Unternehmen dabei helfen in der 3. industriellen Revolution zu bestehen.

Künstliche Intelligenz

Stichwort – 3. industrielle Revolution. In den letzten Monaten haben zahlreiche intelligente Systeme das Licht der Welt erblickt und ihren Siegeszug angetreten. In erster Linie war das im privaten Bereich durch Alexa & Co. zu beobachten. Ich gehe davon aus, dass diese Systeme in 2018 auch Einzug in den geschäftlichen Bereich halten werden. Ob wir in 2018 auf breiter Front bereits unsere Kalender und Termine über Alexa & Co. organisieren lassen können oder im Kundenservice immer mehr mit Bots kommunizieren werden, wage ich aktuell noch nicht zu bewerten. Aber die ersten Schritte in diese Richtung waren bereits Ende 2017 zu sehen. (Siehe „Alexa for Business – Empower your organization with Alexa“)

Für UX-Designer ist es daher definitiv an der Zeit sich mit der Gestaltung von intelligenten Systemen, wie Bots und Automaten, zu beschäftigen. Dabei ist nicht nur wichtig, Wissen zur Gestaltung von Conversational User Interfaces … also Chatbots und Sprachassistenten … aufzubauen. Auch intelligente Systeme ohne ein kommunikatives Interface werden Teil der User Experience. Schon heute ist beispielsweise in der Heimautomation zu beobachten, dass Systeme, die aufgrund bestimmter Verhaltensweisen, Muster oder Regeln ihrer Besitzer – und damit ohne direkte Interaktion mit ihnen – funktionieren, einen großen Teil des Gesamterlebnisses ausmachen. UX-Designer sollten sich damit auseinandersetzen, wie es gelingen kann aus den automatisierten Aktionen intelligenter Systeme, den sprachlichen Interaktionen und den klassischen Interaktionen über Bildschirm-Interfaces ein ganzheitliches Produkterlebnis zu gestalten. Dabei wird ein wesentlicher Aspekt darin bestehen, wie die Markenbotschaften eines Unternehmens nicht nur in die visuell-interaktive Produktgestaltung übertragen werden, sondern wie diese in einen Charakter für das Gesamtsystem übersetzt werden können.

Im vergangenen Jahr ging ich noch davon aus, dass die große Herausforderung bei der Gestaltung von intelligenten Systemen darin liegen wird, das Vertrauen der Anwender zu gewinnen. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass es erfahrenen UX-Designern mit Leichtigkeit gelingen wird, Vertrauen in künstliche Intelligenz zu erwecken. Ich gehe sogar davon aus, dass es am Ende so sein wird, dass Menschen zu schnell zu großes Vertrauen in solche Systeme entwickeln werden. Wir werden uns bei der Gestaltung von intelligenten Systemen auch mit den negativen Effekten der Automatisierung, wie Automation complacency, Automation bias und De-Skilling befassen müssen. Automation complacency bedeutet, dass erste erfolgreiche Arbeitsleistungen von Automaten darin münden, dass Anwender zu schnell damit zufrieden sind und Aufgaben ohne Nachkontrolle und Monitoring an Automaten delegieren. Automation bias bedeutet, dass Automaten von Menschen verzerrt wahrgenommen werden. Anwender entwickeln zu schnell blindes Vertrauen und hinterfragen bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr kritisch. De-Skilling bedeutet, dass Anwender die Tätigkeiten verlernnen, die automatisiert wurden und dann im Ernstfall nicht mehr erkennen können, dass etwas schief läuft bzw. nicht mehr schnell genug eingreifen können. (Siehe „Computers, Automation and the Human Future #chi2017“ #uxblog)

Data Science für UX

Ich glaube, dass die Analyse und Auswertung von Daten – neudeutsch Data Science – in den kommenden Monaten zunehmend Teil des Handwerkszeugs von UX-Designern werden sollte. Data Science ist die Wissenschaft, die sich mit der Extraktion von Wissen aus Daten beschäftigt. Data Scientists bedienen sich dazu Methoden aus Informatik, Mathematik, Statistik, maschinellem Lernen und Mustererkennung. Die Methoden und Fähigkeiten der Data Scientists sind unerlässlich für die Entwicklung von intelligenten Systemen. Ich glaube, dass die Entwickler der Zukunft zu großen Teilen Data Scientists sein werden. Es versteht sich daher von selbst, dass ich eine gute Zusammenarbeit zwischen UX Design und Data Science für die Gestaltung intelligenter Systeme für sehr erstrebenswert halte. Dazu gehört auch, dass UX-Designer sich grundlegende Kenntnisse in Data Science aneignen.

Darüberhinaus wird die Datenschutz-Grundverordnung ab Mai 2018 einige Veränderungen für den geschäftlichen Umgang mit persönlichen Daten mit sich bringen. (Siehe Datenschutz-Grundverordnung) Die Regeln des Datenschutzes werden sich dadurch nicht gravierend ändern, allerdings die Konsequenz mit der sie angewendet werden.

Ich halte diese Erneuerung allerdings nur für einen ersten Schritt zur Regulierung des Umgangs mit pers. Daten. Das Teilen von persönlichen Daten bildet die unbedingte Grundlage für nahezu alle digitalen Dienste. Viele Menschen sind auch bereit Informationen zu teilen, wenn sie dafür etwas bekommen, was sie haben wollen. Dabei ist allerdings den wenigsten bekannt, was mit den Daten im Detail passiert. Die Nutzungsbedingungen digitaler Dienste erklären nicht verständlich, was mit genau mit persönlichen Daten passiert und was dies für Konsequenzen für die Anwender haben kann. Dies liegt zum Teil daran, dass die Anbieter noch nicht im Detail wissen, was sie alles mit den Daten anfangen können und was dies für Konsequenzen im Detail haben könnte. Sie verwenden daher sehr weit gefasst Formulierungen. Teilweise ist es aber auch sehr komplex Formulierungen zu finden, die sowohl den rechtlichen Bestimmungen und geschäftlichen Interessen als auch der Aufnahmefähigkeit der Anwender gerecht werden. Am Ende bleibt für die Anwender nur die Wahl zwischen „Zustimmen, ohne genau zu wissen, was es bedeutet.“ oder „Ablehnen und auf den Dienst verzichten“. Eine Verhandlung zwischen den Interessen digitaler Dienste und deren Anwender um die Währung „persönliche Daten“ ist heute nahezu unmöglich.

Es wird eine große Herausforderung einen Weg zu finden, Produkte und Dienste so zu gestalten, dass die Anwender wieder Kontrolle über ihre persönlichen Daten erlangen und einfach steuern können, wem sie welche Informationen für was geben. Ich erwarte daher, dass es zunehmend Aufgabe des UX Designs werden wird, sich damit zu beschäftigen, wie die Nutzung und den Fluss von persönlichen Daten in digitalen Ökosystemen für Anwender sichtbar, verständlich, steuerbar und ggf. verhandelbar gemacht werden kann.

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