So kannst Du als UX Professional auch ohne Macht ein Unternehmen zu besserer UX führen #ux #FuehrenOhneMacht

“Führen ohne Macht” ist eine der großen Herausforderungen für viele UX Professionals, selbst wenn sie in Führungspositionen sind. Viele UX Professionals bekommen die Aufgabe das Kundenerlebnis zu verbessern, ohne entsprechende formalen Entscheidungs- bzw. Sanktionsbefugnisse. Das fühlt sich dann ein bisschen so an, als ob man einen Apfel ohne Messer schälen soll.

Jetzt klingen Worte wie “Macht”, “Entscheidungsbefugnisse” oder “Sanktionen” irgendwie ein wenig nach Gewalt. Das ist damit aber nicht gemeint. Wenn ich über Macht im Unternehmen spreche, dann meine ich damit die formale Autorität, die mit einer bestimmten Stelle bzw. Position in einer Organisation verbunden ist und die bewirkt, dass andere Kolleg*innen ihr Denken und Handeln daran ausrichten. Beispiel Stelle “Product Owner*in”: Diese Stelle hat die formale Autorität zu entscheiden, was und in welcher Reihenfolge im Product Backlog steht. Sie beeinflusst damit das Denken und Handeln des Teams.

Die formale Autorität (auch Mandat genannt) an sich genügt aber heutzutage nicht mehr für eine nachhaltige Wirkung – vorallem nicht im agilen Umfeld. Sie wird nur wirksam sein, wenn sie von den Menschen im Unternehmen akzeptiert und angenommen wird. In unserem Beispiel: Der/die Produkt Owner*in kann nur so lange wirksam über das Product Backlog führen, so lange das Team ihre Arbeit akzeptiert.

UX Professionals fehlt die formale Autorität häufig. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass oft der Gedanke aufkommt, man könne das Unternehmen zu mehr UX “überzeugen”, in dem man z.B. den Wert von UX beweist. (Stichwort “Return on Invest of UX”) Ich kenne allerdings keinen Fall, in dem das wirklich funktioniert hat.

Erlebnisse von Kunden und Anwendern sind eine abstrakte, schlecht greifbare und subjektive Angelegenheit. Sie entstehen im Zusammenspiel von Erwartungen, Interaktionen und Resultaten. Damit es Unternehmen gelingt diese Erlebnisse gezielt zu gestalten, brauchen sie gute Fähigkeiten in den Bereichen UX Research und UX Design. Das Kundenerlebnis ist obendrein nur eine von vielen Herausforderungen in der digitalen Produktentwicklung. Andere Herausforderungen, wie Funktionsumfang, Zuverlässigkeit oder Time to Market sind deutlich konkreter und unmittelbarer im Entwicklungsprozess spürbar. Sie erzeugen bei den Akteuren eine unmittelbare und hohe Betroffenheit.

Genau darin liegt meines Erachtens der Schlüssel zur Führung ohne Macht. Führen ohne Macht funktioniert dann, wenn es gelingt eine unmittelbare und konkrete Betroffenheit der Teams im Entwicklungsprozess zu schaffen. Es funktioniert, wenn die Teams überzeugt und freiwillig der Idee für bessere Kundenerlebnisse folgen.

Wie kann das gehen?

Meiner Erfahrung nach, liegt das Geheimnis dafür in einem gemeinsamen Anspruch, die Sichtbarkeit der Erfüllung und der Aufmerksamkeit von Führungspersönlichkeiten.

Der gemeinsame Anspruch

Früher hätte an dieser Stelle gestanden, dass man zunächst eine Richtlinie definieren soll. Ein Richtlinie, die formal regelt, welchen Anspruch es zu erreichen gilt. In agilen Arbeitswelten sind solche formalen Richtlinien aber meist Papiertiger ohne echte Wirkung.

Wichtiger ist es aus meiner Sicht, dass die Mehrheit der Akteure ein gemeinsames Verständnis darüber haben und akzeptieren, was gemeinsam erreicht werden soll. Der gemeinsame Anspruch ist eine Art Hilfskonstruktion. Man kann das beispielsweise mit Limbo, vergleichen. Irgendjemand oder irgendwas muss die Messlatte festlegen, unter der es durchzutanzen gilt und die Regeln in welcher Form das passieren soll. Spaß macht es dann, wenn alles diese Messlatte akzeptieren und versuchen dieser gerecht zu werden.

Ein gemeinsamer Anspruch kann durch eine gemeinsame Erarbeitung entstehen, muss er aber nicht. Wichtig ist am Ende nicht wie er entstand, sondern ob dieser von der Mehrheit akzeptiert wird. Ich habe bisher die besten Erfahrungen mit dem Vorgehen gemacht, einen Anspruch zu formulieren und diesen dann einem ehrlichen Diskurs zu stellen. Durch den Diskurs kann der Anspruch nachjustiert und klarer gemacht werden. Außerdem unterstützt der Diskurs die Akzeptanz bei den Menschen im Unternehmen.

Sichtbarkeit der Erfüllung

Nachdem klar ist, welches Kundenerlebnis erreicht werden soll, geht es darum geeignete Metriken zu finden, die zeigen, ob der gemeinsame Anspruch erfüllt wird. Die Auswahl der richtigen Metriken zur Steuerung ist mit einige Stolperfallen verbunden. Metriken sollten sowohl die gewünschte Wirkung – in unserem Fall das “Kundenerlebnis” – als auch die Indikatoren für diese Wirkung – beispielsweise die “Anzahl von umgesetzten Erkenntnissen aus UX Tests während der Entwicklung” – betrachten. Idealerweise werden sie begleitend zum Entwicklungsprozess als auch im Markt gemessen.

Metriken werden häufig in ihrer reinen Zahlenform und in Verbindung mit Incentives bzw. Sanktionen verwendet, um deren Wirkung zu steigern. Genau diese Kombination ist es jedoch, die im Ergebnis zur (un-)absichtlichen Verfälschung und Missbrauch der Metriken führt. In dieser Kombination motivieren Metriken Menschen dazu, blind einem Zahlenwert zu folgen, ohne die angestrebte Wirkung zu beachten. Metriken sind für mich ein Hilfsmittel zum Lernen. Sie sollten so gewählt werden, dass sie als gute Grundlage für das Lernen genutzt werden können. Dazu muss nicht nur die Metrik an sich sondern auch deren Steuerungswirkung bekannt sein und regelmäßig überprüft werden.

Anhand der Metriken sollten die Teams möglichst konkret und zeitnah sehen können, wie gut das Kundenerlebnis sein wird bzw. ist. Es ist wichtig, dass die Metriken zum Kundenerlebnis für die Teams omnipräsent und leicht zugänglich sind. Sie sollten in den Arbeitsrhythmus so integriert sein, dass im Team regelmäßig darüber gesprochen wird. Außerdem sollten sie gleichwertig zu anderen Metriken dargestellt werden, die das Team zu Steuerung des Ergebnisses nutzt.

Aufmerksamkeit von Führungspersönlichkeiten

Die dritte Zutat ist die Aufmerksamkeit von den Menschen im Unternehmen, denen die Mitarbeiter*innen folgen und die dadurch das Verhalten des Unternehmens als System tatsächlich beeinflussen. Also Menschen, deren Meinung eine hohe Akzeptanz und Einfluss auf das Handeln anderer hat. Ich nenne diese Personen “Führungspersönlichkeiten” und meine damit aber nicht zwangsläufig Management-Persönlichkeiten.

Wenn diese Führungspersönlichkeiten das gleiche Verständnis zum Anspruch haben und sich regelmäßig für die unternehmensweite Erfüllung des Anspruches interessieren, steigert das die Akzeptanz des Anspruches und motiviert wiederum die Teams daran zu arbeiten.

Fazit zum Mitnehmen

Besser Kundenerlebnisse erreicht man ohne formale Autorität, in dem man einen gemeinsam akzeptierten Anspruch formuliert, dessen Erfüllung visualisiert und die Aufmerksamkeit derjenigen darauf lenkt, an denen sich die Menschen im Unternehmen orientieren.

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