#LDfest 2021 – Tag 1: Was macht eine erfolgreiche Design-Führungskraft aus?

Endlich ist es wieder soweit. Ich habe die großartige Gelegenheit an der Leading Design Conference teilzunehmen. Endlich wieder neue Impulse, neues Wissen und hoffentlich ganz viele Erkenntnisse. Naja, ein bisschen wehmütig bin ich schon. Dieses Mal muss die LDconf leider ganz ohne persönliche Begegnungen, die eindrucksvolle Architektur des Barbican und die kreative Stimmung Londons auskommen.

Hier sind meine Erkenntnisse von Tag 1:

Julie Zhuo “The Many Facets of Design Leadership”

Julie eröffnete das Leading Design Festival 2021 mit einem Überblick über die wesentlichen Kompetenzen für Design-Führungskräfte. Wie passend 🙂

Und was soll ich sagen, die wichtigste Kompetenz und die Basis für alles Andere ist **Trommelwirbel** Design-Führungskräfte müssen wissen, was Design großartig macht sowie wie gutes Design entsteht und aussieht. Ich weiß, dass darüber gern diskutiert wird. Aber: ohne diese Kompetenz fehlt einfach das “Design” in “Design Leadership”.

Weiterhin müssen Design-Führungskräfte Design gut erklären und die Sprache der Designer*innen gut übersetzen können. Kolleg*innen und Partner*innen sollen verstehen, warum bestimmte Dinge aus Designsicht wichtig sind oder welche Auswirkungen sie auf Anwender*innen haben.

Design-Führungkräfte müssen nicht nur verstehen, wie das Produkt funktioniert, dass sie gestalten. Sie müssen auch das Unternehmen verstehen, in dem und für das sie gestalten. Sie betonte, wie wichtig es für Designer*innen ist, betriebswirtschaftlichen Themen mit der gleichen Neugier zu begegnen, wie gestalterischen Themen und zu fragen:

  • Wie verdient mein Unternehmen Geld?
  • Wie gut ist mein Unternehmen im Markt positioniert?
  • Wie gut ist es im Vergleich zum Mitbewerb?

Dieses Wissen hilft Design-Führungskräften dabei zu erkennen, an welchen Stellen sich eine Investition in Design lohnt und warum.

Ihr Zitat “Diagnostiziere mit Daten und behandle mit Design.” hat mir sehr gut gefallen. Es symbolisiert die Kraft, die im Zusammenspiel zwischen Data Science und Design entstehen kann. Design-Führungskräfte sollten heutzutage sehr datenaffin sein. Sie müssen erkennen können, ob sie die richtigen Daten haben, um die Realität möglichst gut einschätzen zu können. Sie müssen in der Lage sein, den Effekt von Design auf die geschäftlichen Ziele bewerten zu können und daraus zu lernen. Wichtig ist dabei, dass Daten relativ sind und immer in einem Kontext interpretiert werden müssen.

Design-Führungskräfte sollten sich als Organisationsentwickler*innen verstehen. Großartiges Design entsteht nicht zufällig oder durch Glück. Gutes Design entsteht durch einen guten Designprozess und eine designfreundliche Umgebung. Design-Führungskräfte gestalten den Prozess und die Umgebung, welche die Menschen in einem Unternehmen in die Lage versetzen, kontinuierlich großartiges Design zu erschaffen.

Mehr zu ihrem Werdegang als Design Managerin findet Ihr in ihrem Buch:

The Making of a Manager: What to Do When Everyone Looks to You (Werbung Amazon.de)

Aaron Irizarry – Leading Successfully, Through Leading Ourselves

Bevor man andere führen kann, sollte man zunächst sich selbst führen können. Aaron teilte in seinem Vortrag wesentliche Erfahrungen aus seiner Führungsarbeit mit sich selbst. (Design-)Führungskräfte sollten

  • sich Zeit für die eigene Stimmung und Gefühle nehmen und diese verstehen.
  • in der Lage sein, ihre Reaktion auf Situationen und Stimmungen zu erkennen bewusst und zu steuern. Sie sollten vorschnelle Urteilen oder Reaktionen vermeiden können. Erst Denken, dann Handeln 😉
  • sich bewusst sein, warum sie diesen Job machen. Die Gründe sollten mehr sein, als Geld und Status. Sie sollten Ziele haben, die sie mit Energie und Ausdauer verfolgen können.

(Design-)Führungskräfte sollten verstehen sein, dass das eigene Verhalten einen meist unbewussten, aber direkten Einfluss auf das Verhalten der Menschen ist, die sie führen. Wenn Führungskräfte zu wenig schlafen, ständig beschäftigt sind, keine Pausen machen und von Meeting zu Meeting hetzen, dann sind ähnliche Verhaltensweisen oder zumindest ein hoher Druck auf die Mitarbeiter*innen, sich ähnlich verhalten zu müssen, vorprogrammiert.

Er findet es wichtig, dass (Design-)Führungskräfte zeigen, dass sie Menschen sind. Manipulative Managementechniken sind nicht zielführend. Transparenz und das Zeigen von Verletzbarkeit sind die Basis für Vertrauen. Alle Mitarbeiter*innen sollten wissen warum und wohin sich ein Team bewegt. Eine offene Kommunikation, auch wenn es mal nicht so gut läuft, ist wesentlich für eine vertrauensbasierte Zusammenarbeit. Kommunikation und Führungsmethoden sollten auf die Bedürfnisse, Persönlichkeit und Kommunikationspräferenzen der Menschen ausgerichtet sein, mit denen man arbeitet.

Sein wesentliches Ziel ist es eigenverantwortliches Arbeiten zu ermöglichen – für seine Mitarbeiter*innen und sich selbst. Seine Best Practices dafür sind.

  • Stay out of the way of your team: Wenn sich das Team in Richtung der Vision und vereinbarten Ziele hält er sich aus der Arbeit des Teams raus.
  • Regelmäßige Retros: Er trifft sich regelmäßig mit den Teams, für die er verantwortlich ist, um zu verstehen, was funktioniert hat und was nicht. Außerdem versucht er herauszufinden, wo das Team seine Unterstützung als Manager benötigt oder wünscht.

Zum Abschluss seines Vortrags gab er (Design-)Führungskräfte noch den Tipp sich eine Gruppen von Menschen zu suchen, die vor ähnlichen Herausforderungen als (Design-)Führungskräfte stehen und mit denen sie sich regelmäßig über ihre Führungserfahrungen austauschen können.

Doug Powell – Sketchbooks over Spreadsheets: Designers As Leaders In A Complex World

Den ersten Tag schloss Doug Powell mit einer überraschend positiven Erkenntnis von IBM. Die Disziplin Design ist aktuell und generell in einer sehr bedeutsamen Entwicklungsphase. Der Bedarf an erfahrenen Design-Führungskräften hat die Anzahl der trainierten, erfahrenen und verfügbaren Design-Führungskräfte längst überschritten. Design als Disziplin muss jetzt zum einen beweisen, dass es der erhofften Wirkung auf den geschäftlichen Erfolg gerecht werden kann. Zum anderen müssen schnell genügend Designer*innen bereit und in der Lage sein, die den Bedarf für Design-Führungskräfte mit Leben zu füllen.

Auch er stellt sich die Frage, welche Kompetenzen Designer*innen mitbringen bzw. lernen müssen, um auf Management-Ebenen wirksam zu sein. Sind es die Management-Prinzipien aus dem 20. Jahrhundert? Sind es die traditionellen MBA-Studiengänge, die Designern nun weiterhelfen?

Erfolgreiche Management-Prinzipien für die komplexe digitale Welt, sind Transparenz, Kollaboration, Authentizität und Empathie. Das sind Aspekte, die den meisten professionelle Designer*innen zu eigen sind. Designer*innen werden als Bildermacher, Moderatoren, Empathiker, Prototypen, Systemdenker, Geschichtenerzähler, Detailer, Kuratoren, Kritiker und abweichende Denker ausgebildet. Designer*innen bringen damit die Fähigkeiten und Kompetenzen mit, die erfolgreiches Management in einer komplexen digitalen Welt benötigt. Ja, richtig gehört … und Aaron weiß, wovon er spricht. Er ist VP Design bei IBM und dort arbeiten mittlerweile fast 2.000 Designer*innen.

Es sind also nicht die althergebrachten Management-Prinzipien. Designer*innen sollten nicht versuchen, dem Vorbild des Managements aus dem 20. Jahrhundert nachzueifern. Vielmehr sollten sie Management-Probleme als Design-Probleme verstehen und mit den Methoden sowie Ansätzen der Disziplin Design lösen. Designer*innen sollten sich die Kompetenzen für Führung erhalten, die sie bereits mitbringen. Sie sollten sich diese bewußt machen und ausbauen.

Ich fasse mal kurz seine frohe Kunde zusammen: Designer sind geborene Führungskräfte für die komplexe digitale Welt. Sie sollten sich die Fähigkeiten erhalten, die sie von klassischen Führungskräften differenzieren und ausbauen.

Was für ein Abschluss von Tag 1 😊

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