BITKOM FA UUX: Intelligent die Technik näher zum Nutzer bringen

Auf der heutigen Sitzung des BITKOM Fachausschuss Usability und User Experience (FA UUX) bei Capgemini in München ging es um das Thema “Intelligent die Technik näher zum Nutzer bringen”. 

Internet of Uncanny Things – Empathische Lösungen antizipieren meine Ansichten!

Eröffnet wurde die Fachausschuss-Sitzung vom Internet der Dinge-Vordenker der Deutsche Telekom AG – Sascha Wolter. Er zeigte in seinem Vortrag “Internet of Uncanny Things – Empathische Lösungen antizipieren meine Ansichten!” anhand von vielen anschaulichen Beispielen die gruselige Seite des Internets der Dinge. Er ging auf Berührungsängste, die notwendige Veränderungen und ungeklärte Fragen auf Anwenderseite ein. Er stellte dabei auch die Frage, ob wir uns ausschließlich auf die Ängste und Sorgen der heutigen Anwender konzentrieren sollten. Oder, ist es nicht sinnvoller mehr auf die Anwender von morgen und deren Bedürfnisse zu schauen. Diese wachsen heute mit anderen Interaktionsmöglichkeiten auf und entwickeln ganz andere mentale Modelle und Erwartungshaltungen an Produkte.

Außerdem adressierte er in seinem Vortrag noch eine weitere sehr große Entwicklung im UX-Bereich: 

“Es fühlt sich gerade so an, als ob sich elektronische Sensoren wie Kakerlaken in der Welt ausbreiten.” – Sascha Wolter

Er sieht in seiner Praxis eine explosionsartige Zunahme von internetfähigen Sensoren und Geräte. Damit ändert sich die Mensch-Maschine-Interaktion in Zukunft grundlegend. Wir stehen zukünftig nicht mehr vor einem einzigen Gerät und bedienen es. Unsere gesamte Umgebung wird in Zukunft die Bedienoberfläche sein und wir werden als Anwender mittendrin stehen.

Zum Abschluss gab er noch einen, aus meiner Sicht, sehr wichtigen Denkanstoß für Diejenigen, die sich mit der Entwicklung von internetfähigen Dingen und Systemen beschäftigen: Wollen wir als Menschen mit Systemen interagieren, die nur rein auf Basis der sachlichen Analyse unseres Verhaltens mit uns interagieren …. ganz ohne Intuition und ohne Menschlichkeit? Klar muss der Nutzen solcher Systeme für uns Menschen im Mittelpunkt stehen. Die Systeme müssen aber auch mit einer gewissen Intuition und Empathie ausgestattet sein, um zu vermeiden, dass falsche Rückschlüsse gezogen oder der Anwender in peinliche oder gefährliche Situationen gebracht werden.

Ich habe einen Impulsvortrag zur digitalen Autonomie beigetragen. Den Inhalt meines Beitrags könnt ihr hier nachlesen.

UX rocks – UX focussed Software Engineering

Guy Coombes (Seven Principles AG) hat in seinem Vortrag “UX rocks – UX focussed Software Engineering” über die Geschichte von UX und deren geschäftlichen Nutzen, wie z.B. Erhöhung der Conversion Rate, hergeleitet, dass Softwareentwickler User Experience bei der Entwicklung von Produkten in den Mittelpunkten rücken sollten. Er beschrieb in seinem Vortrag die Methoden und Verfahren, wie z.B. Personas, Szenarien, Wireframes oder Usability Testing, die er in seiner täglichen Praxis einsetzt und berichtet von seinen Erfahrungen mit unterschiedlichen Entwicklungsvorgehen.

Digitale Transformation und Customer Experience in Versicherungen

Gunnar Tacke hat in seinem Beitrag die “Digitale Transformation und Customer Experience in Versicherungen” betrachtet. Das Geschäft der Versicherungen war in der Vergangenheit durch ein stabiles und traditionelles Geschäftsmodell, standardisierten Massenprodukte, treue Kunden, Vertrieb über Beratung und hohe Vertriebsaufwände gekennzeichnet. Aber auch die Welt der Versicherungen ändert sich. Neben neuen technischen Möglichkeiten im digitalen Markt sind die geänderten Kundenerwartungen der Haupttreiber für die Veränderungen. Kunden vergleichen mehr. Kunden müssen über mehr Kanäle angesprochen werden. Kunden sind wechselwilliger. Kunden erwarten individueller Services.

Die Versicherungen reagieren auf diese neuen Anforderungen und Erwartungen mit neuen Produktkonzepten, die auch abseits klassischer Versicherungsmodelle liegen (z.B. Zahnversicherung, die erst im Schadensfall abgeschlossen wird). Auch in der Versicherungsbranche halten verhaltensbasierten Produktkonzepten Einzug (z.B. Play-As-You-Drive). Es wird zwar davon ausgegangen, dass der persönliche Vertrieb abnehmen wird. Da diese Form des Vertriebs aber immer noch relevant ist, zeigte er Beispiele von Versicherungen, die ihren persönlichen Vertrieb mit digitalen Verfahren optimieren (z.B. iPad anstelle von Papier, mehr Visualisierung als Text).

Er zitierte den World Insurance Report 2015 von Capgemini. Darin zeigt sich, dass nur 30% der Kunden mit ihrem “Versicherungserlebnis” zufrieden sind. Bei dieser Zahl muss man natürlich berücksichtigen, dass es sich meist um negative Ereignisse handelt, wenn man eine Versicherung in Anspruch nehmen muss. Er sieht den Bedarf nach mehr kundenzentrierten Ansätzen in der Versicherungsbranchen. Die Versicherer müssen zukünftig mehr Wert auf die Kundenwahrnehmung legen.

HCD of Mobile Software Ecosystems

Steffen Hess (Fraunhofer IESE) knüpfte mit seinem Beitrag im Fachausschuss an seinen Vortrag auf der Mensch und Computer 2015 zu “Agrarwirtschaft meets mobile UX” an. Am Ende seines Vortrages stellte er die spannende Frage: “Are mobile Ecosystems impacting the way we do UX activities for mobile applications?”. Die Diskussion im Fachausschuss zeigt, dass die Gestaltung von Ökosystemen die Art und Weise verändern wird, wie diese Systeme gestaltet und entwickelt werden. Bevor wir erst jahrelang über einen Standard diskutieren, sollten wir in Zukunft mit schnellen und einfachen Mitteln Ideen erlebbar machen und mit Anwendern im realen Kontext ausprobieren. Die beste Lösung wird sich dann fast allein als Standard etablieren.

Ergebnisse der UUX Statusumfrage

Dr. Ronald Hartwig (Maximago GmbH) stellte die wichtigsten Erkenntnisse aus der Umfrage des Fachausschuss UUX (n=71) vor. Die Befragung richtete sich in erster Linie an BITKOM-Mitglieder und diente der Erhebung eines Stimmungsbildes zu Usability und User Experience unter den BITKOM-Mitgliedsunternehmen. Das erste Fazit auf Basis der Rohdaten: 

  • Dreiviertel der Befragten investieren in UX, weil es vom Kunden gefordert ist, regulatorisch vorgegeben oder aus Eigeninteresse. 
  • Ein Drittel der Befragten, mit UX-Aufgabengebiet, sind als Einzelkämper unterwegs. 
  • Ein Viertel bezieht tatsächliche oder mögliche Nutzer in die Entwicklung ein.
  • Ein Viertel hat einen Entwicklungsprozess, der Usability/UX explizit berücksichtigt.
  • Nur wenige Unternehmen haben eine definierte UX-Rolle oder ein zentrales Team.
  • Der Nachweis von guter UX über Zertifikate spielt nur vereinzelt eine Rolle.

Die Ergebnisse werden nun durch den Fachausschuss nochmals im Detail aufbereitet und publiziert.

In eigener Sache

Es gab eine Nachbesetzung im Vorstand des Fachausschuss. Neu dazugekommen ist Martin Beschnitt (Managing Director bei eResult). Den Vorstand des FA UUX bilden nun: Dr. Ronald Hartwig, Sascha Wolter und Martin Beschnitt.

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