Barcamps haben sich in den letzten Jahren zu einer äußerst beliebten Veranstaltungsform in der UX-Community entwickelt. Mit ihrer informellen und partizipativen Atmosphäre bieten Barcamps eine einzigartige Plattform für den Austausch von Wissen, Ideen und Erfahrungen. Als jemand, der bereits an mehreren UX-Barcamps teilgenommen hat, kann ich sagen, dass
der UXcamp Europe eine ganz besondere Erfahrung für mich war.
Das UXcamp Europe, das 2009 zum ersten Mal ins Leben gerufen wurde, ist weithin bekannt für seine starke internationale Präsenz und zieht Teilnehmer:innen nicht nur aus Europa, sondern aus der ganzen Welt an. Dadurch bietet das UXcamp einen breiten Blick in internationale Perspektiven der UX-Branche und bietet einen einzigartigen globalen
Erfahrungsaustausch.
Die Veranstaltung ist dank Sponsoring für alle Teilnehmer:innen kostenfrei, jedoch muss man bei den Tickets schnell sein. Wie auch in den Jahren zuvor waren diese in nur wenigen Minuten komplett vergriffen.

Das Barcamp fand in den Räumlichkeiten der Humboldt Universität in Berlin statt, was bei über 500 Menschen im Hörsaal in mir Erinnerungen an meine eigene Studienzeit wachrief. Die Atmosphäre im Hörsaal erreichte einen unerwarteten Höhepunkt als einer der Organisatoren, Holger Eggert, plötzlich eine Gitarre hervorholte und anfing ein eigens für das Barcamp komponiertes Lied anzustimmen. Schnell breitet sich ein Lächeln auf den Gesichtern aller Teilnehmer:innen aus und alle begannen mitzusingen oder klatschten im Takt mit. Es war ein inspirierender Moment, der alle daran erinnerte, warum sie hier waren – um sich gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam die UX-Community voranzubringen. Nach dieser Einstimmung ging es direkt in die Planung der Sessions über, die bei über 500 Teilnehmer:innen, striktes Zeitmanagement voraussetzte. Jeder Beitrag konnte in nur
wenigen Sekunden gepitcht werden und nach einer kurzen Abstimmung wurde direkt ein geeigneter Slot gefunden. Mein Tipp: Am besten direkt während der Planung die eigenen Favoriten notieren, um sich seinen eigenen Tagesplan zu erstellen.
Die Themen auf dem Barcamp waren so vielfältig wie die Teilnehmer:innen, darunter gab es auch einige „Trendthemen“, die heiß diskutiert wurden. Vier davon stachen besonders hervor: Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit, KI sowie der Businesswert von UX.
Barrierefreiheit
Vor allem im E-Commerce ist sehr deutlich der wachsende Druck zu spüren, denn ab 2025 wird die digitale Barrierefreiheit für Onlineshops gesetzlich verpflichtend. Es wurden Best Practices, u.a. von Decathlon, vorgestellt, wie Designer:innen und Entwickler:innen gemeinsam Guidelines erarbeiten und diese umsetzen können. Zudem wurden Tools (z.B. Lighthouse, Wave) vorgestellt, mit denen die Barrierefreiheit überprüft und gemessen werden kann.
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit in der UX-Praxis rückt immer mehr in den Fokus. Unter anderem stellte das Sustainable UX Network vor, wie man umweltfreundliche und ethische Ansätze in den Design- und Entwicklungsprozess integrieren kann. Themen wie ressourcenschonendes Design, Energieeffizienz und die Berücksichtigung sozialer Auswirkungen wurden hier besprochen.
Künstliche Intelligenz
Die Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) und der Chatbots war ein weiteres Trendthema auf dem UXcamp. Beispielsweise wurden die Herausforderungen und Chancen bei der Nutzung von KI in der UX-Praxis im medizinischen Kontext diskutiert. Vor allem die Akzeptanz und das Vertrauen in KI-Technologien spielt hier eine große Rolle. In Interviews zeigte sich, dass erfahrenes medizinisches Personal KIs eher misstrauisch gegenüberstehen. Chancen werden dagegen bei jüngeren und unerfahreneren Mitarbeiter:innen gesehen, die KI-Technologie als Unterstützung für medizinische Diagnosen nutzen können.
Business Value of UX
Kein wirkliches „Trendthema“, sondern eher ein Dauerbrenner ist der Business Impact von UX. Die Bedeutung der UX-Arbeit für die Unternehmensziele zu demonstrieren und messbar zu machen, ist sicherlich eine der wichtigsten und zugleich oft schwierigsten Bereiche für UX-Professionals. Es wurden u.a. Strategien und Methoden diskutiert, um Stakeholder frühzeitig in UX-Prozessen zu involvieren. Beispielsweise wurde vorgestellt, wie Impact Mapping genutzt werden kann, um Stakeholderbedürfnisse zu verstehen und so Sponsoren für UX-Aktivitäten zu gewinnen.
ROI von UX
Das Thema des ROI von UX ist und wird sicherlich immer ein Thema bleiben. Dabei ist bei vielen UX-Professionals vor allem Kreativität gefragt, um innovative nutzerorientierte Lösungen zu finden, die sowohl Unternehmensziele vorantreiben als auch Ansätze der Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit berücksichtigen – und das im Spannungsfeld der technologischen KI-Entwicklungen. Sicherlich eine herausfordernde Zeit für jeden UX-Professional. Umso bedeutsamer sind Veranstaltung wie das UXcamp, um sich in der UX-Community gegenseitig zu stärken und zu ermutigen.