UX-Reifegrad-Barcamp “Dreamer” 2023 – Zusammenfassung Podiumsdiskussion

Wie etabliert man UX in einem Unternehmen? Welche Fähigkeiten braucht man für UX-Leadership? Und wie geht richtiges Stakeholder-Management? Moderiert von Tara Bosenick (Experience Leadership Club) sprachen Lisa Reimer (UID, Beratung und Coaching von In-House-UX-Teams), Luisa Miny (UX-Researcherin bei Redcare Pharmacy), Uwe Betzin (Head of UX, generic.de), Wolfram Nagel (Teamviewer) sowie Ulf Schubert (DATEV / Experience Leadership Club) über diese und weitere UX-Leadership-Themen beim UX-Reifegrad-Barcamp “Dreamer”. Lest hier die spannendsten Einblicke:

Was braucht es zur Etablierung von UX?

„Es gibt nicht die eine Methode, sondern ein breites Handwerkszeug“, eröffneten die Teilnehmenden die Diskussionsrunde. Leidenschaft für UX sei ein wichtiger Treibstoff, aber auch der Mut und das Interesse, das Unternehmen bei UX voranzubringen. Auch Kommunikationsfähigkeit mache einen Teil der UX-Arbeit aus, sowohl extern als auch intern. Ein praktischer Tipp war auch, Begrifflichkeiten zu verwenden, die im Unternehmen anerkannt werden – selbst wenn sie vielleicht nicht 100% richtig seien.

Welche persönlichen Fähigkeiten brauchen UX-Professionals?

Zu den wichtigsten persönlichen Fähigkeiten von UX Professionals gehört Resilienz, um bei der Evangelisierung von UX am Ball zu bleiben. UX Professionals starten nämlich oft als Evangelisten, um das Thema UX voranzubringen, müssen dann jedoch auch gute Ergebnisse liefern, wenn sie das Vertrauen bekommen. Nicht selten seien dies Situationen, in denen etwas nicht gut gelaufen ist. Kontinuierliche Fortbildung und ein gutes Verständnis eines breiten Themenspektrums sind wichtig.

Müssen UX Professionals immer an der Etablierung von UX arbeiten oder können sie auch erwarten, dass das Unternehmen Lust auf UX hat?

Ein guter Start sei schon einmal, wenn ein Unternehmen überhaupt UX Professionals einstellt. Und doch bedeutet Arbeit im Unternehmen immer auch darüber zu ringen, was das Richtige ist. Damit ist Stakeholder-Management ein wichtiger Teil jeden UX-Jobs. Und trotzdem gilt natürlich auch der individuelle Blick in den Kontext: Lässt die Unternehmenskultur erfolgreiche UX-Arbeit grundsätzlich zu? Über das Thema wurde im Anschluss auch in einer eigenen Session diskutiert, die wertvolle Erkenntnisse zusammentragen konnte.

Was sind eure Erfahrungen zum Thema Projekt- oder Produktzentrierung (statt Nutzendenzentrierung)?

Aus dem Plenum kam die Frage, ob es manchmal sinnvoll sei, den Fokus auf das Projekt oder Produkt zu legen statt auf die Nutzenden. UX ist immer auch Arbeit am Produkt, wenngleich der Fokus immer auf den Nutzenden liegt. Das Podium machte klar: UX ist ein interdisziplinäres Werkzeug für das Produkt, das von der Zusammenarbeit lebt, sowohl auf operativer als auch auf Management-Ebene.

Was sind eure Erfahrungen mit Stakeholder-Management und Maturity-Modellen?

Gutes Stakeholder-Management gelingt nur, wenn einem selbst klar, wo man steht und hin möchte: die richtigen Personen identifizieren und Beziehungsarbeit bewusst angehen. Dabei ist wichtig, Win-Win-Situationen zu schaffen, die allen Beteiligten etwas bringen. Networking innerhalb eines Unternehmens ist von zentraler Bedeutung, besonders auch in informellen Situationen an der Kaffeemaschine. Natürlich ist auch die Situation im Unternehmen entscheidend: UX rein von unten nach oben zu etablieren ist möglich, aber sehr viel langsamer. Fürsprecher:innen in den oberen Führungsebenen sind daher sehr hilfreich. Sinnvoll ist auch die Arbeit mit Stakeholder-Personas, um angemessen auf verschiedene Bedürfnisse eingehen zu können (z.B. treibende Personen anders als bremsende behandeln). Gute Erfahrungen haben die Teilnehmenden damit gemacht, eine UX-bezogene Session im Onboarding von neuen Angestellten zu etablieren, um das Bewusstsein von Anfang an einzupflanzen.

Zum Thema UX-Maturity-Modelle hatten die Teilnehmenden unterschiedliche Erfahrungen zu berichten. Teilweise wirkten diese Modelle am Anfang zu abstrakt und haben ihren Wert erst später gezeigt. Es gehe vor allem um Orientierung für sich selbst und erlauben es, die für sich zentralen Aspekte zu erkennen und auf die individuelle Situation im Unternehmen zu reagieren. Im Vordergrund steht immer die gemeinsame Diskussion über die Ziele.

Zum Abschluss: Was ist euer magischer Dünger zur Etablierung von UX?

Es lohne sich, an einem kniffligen Leuchtturm-Projekt zu arbeiten, um UX-Gedanken nachhaltig in einem Unternehmen zu platzieren. Dieses Projekt kann als Gesprächsgrundlage dienen und helfen, anderen im Unternehmen Erfahrungen mit UX zu ermöglichen. Wichtig ist aber auch zu verstehen, dass nicht jeder Samen auf jedem Untergrund wachsen kann. UX Leader müssen also wissen, was sie wo am besten pflanzen können, nach Bedarf umtopfen und bei Dürreperioden hartnäckig bleiben. Wie es Luisa so schön formulierte, steckt der wahre Dünger jedoch in uns selbst: Unsere persönlichen Fähigkeiten sind entscheidend, etwa unsere Ausdauer (Etablierung von UX ist Marathon, kein Sprint), Anpassungsfähigkeit, aber auch die Fähigkeit, Grenzen für sich selbst setzen (auch einmal „Nein“ sagen) und Distanz wahren (Konflikte nicht persönlich nehmen).

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