UX-Research-Ergebnisse effizient umsetzen #experiencecampfire

Die große Frage des Abends war, wie man als UX-Researcher:in Erkenntnisse aus dem UX-Research so aufbereiten und vermitteln kann, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit umgesetzt werden. Um diese zu beantworten, hatten wir Rainer Gibbert von der Star Finanz GmbH aus Hamburg zu Gast. Rainer leitet bei der Star Finanz die Produktentwicklung für die StarMoney Produktfamilie, inkl. UX-Research und UX-Design.

Rainer hat vor seiner Zeit als Produktverantwortlicher als UX-Researcher gearbeitet. In dieser Zeit erlebte er häufiger, dass er immer wieder dieselben Erkenntnisse für Produkte generierte und diese trotzdem nicht umgesetzt wurden.

Als Grund dafür identifizierte er das fehlende Verständnis der UX-Researcher:innen für die relevanten Themen des Produktmanagement und der Produktentwicklung. Produktmanager:innen stehen im ständigen Zielkonflikt der vielen Anforderungen, die ständig auf das Produkt einprasseln. Sie müssen laufend knallhart priorisieren, was wichtig ist und woran gearbeitet werden soll. Wenn UX-Researcher:innen diese Prioritäten, die aktuell relevanten Themen oder die Produktstrategie nicht kennen, passiert es, dass sie Erkenntnisse generieren, die keine Berücksichtigung finden.

Damit das nicht passiert und UX-Research-Erkenntnisse eine hohe Umsetzungswahrscheinlichkeit haben, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen UX-Research und Produktmanagement notwendig. UX-Researcher:innen müssen verstehen, mit welchen Fragen sich Produktmanager:innen gerade beschäftigen. Sie müssen die relevanten Themen kennen. Sie sollten wissen, wie und nach welchen Kriterien bestimmte Entscheidungen im Produktmanagement getroffen werden. Sie sollten die Zwänge verstehen, unter denen Produktmanager:innen stehen. Das alles hilft ihnen dabei, ihre Forschung konkret auf die Fragestellungen des Produktmanagement auszurichten und für relevante Erkenntnisse zu sorgen.

Als zweiten Erfolgsfaktor sprach Rainer die Demokratisierung von UX-Research an. UX-Researcher:innen sollten es Produktmanager:innen ermöglichen, selbst mit ihren Kund:innen zu sprechen. Dafür benötigen Produktmanager:innen die entsprechenden UX-Research-Skills. UX-Researcher:innen sollten ihnen diese gut vermitteln können. Sie sollten erklären, welche Methoden für welche Fragestellungen wie angewendet werden können. Für eine hohe Akzeptanz von UX-Research ist es hilfreich, Produktmanager:innen und Mitglieder des Entwicklungsteams direkt in UX-Research-Sessions einzubinden oder sie direkt mit den Nutzern in Kontakt zu bringen. Auf diese Weise können sie den Nutzen am eigenen Leib spüren.

Neben der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten für taktisches UX-Research sollten sich UX-Researcher:innen stärker auf die strategischen Fragen des Projektmanagements oder der Unternehmensstrategie konzentrieren. Dazu sollten UX-Researcher:innen den Kontakt zu Personen im Unternehmen suchen, die auf unternehmensstrategischer Ebene arbeiten. Sie sollten mit diesen Personen sprechen und ergründen, welche strategischen Fragestellungen durch UX-Research sicherer beantwortet werden können.

Nun könnte man meinen, dass sich UX-Researcher:innen mit dieser Vorgehensweise überflüssig machen. Sie könnten durch die Verlagerung der spannenden Research-Arbeit auf Andere schlussendlich zu den elektrischen Mönchen der Produktmanager:innen werden, die dann lediglich noch “langweiliges” Kundenfeedback analysieren. Dem ist aber nicht so. UX-Researcher sorgen durch die Vermittlung von UX-Research-Wissen zum einen dafür, dass sich das menschzentrierte Vorgehen im Unternehmen verbreitet. Je mehr Mitarbeitende in der Lage sind, taktisches Research durchzuführen, umso besser. Zum anderen verschaffen sie sich so Zeit für wichtige Research-Fragen auf strategischer Ebene.

Ein weiterer Erfolgsfaktor für die Umsetzung von Erkenntnissen aus dem UX-Research ist die enge Einbindung der UX-Researcher:innen in das Entwicklungsteam und alle Phasen der Produktentwicklung. Sie müssen so gut integriert werden, dass sie neben der Zielgruppe auch die Produktstrategie, die Fachdomäne des Produkts und die Ziele des Teams kennen. Auf diese Weise erkennen sie nicht nur, welche Forschungsfragen relevant sind, sondern auch wann diese beantwortet werden sollen. Beispielsweise achtet Rainer in seiner Arbeit darauf, dass UX-Researcher:innen bereits in die Discovery-Phase eingebunden sind. Diese enge Einbindung stellt UX-Research-Dienstleister vor große Herausforderungen. Sie können aus arbeitsrechtlichen Gründen meist gar nicht so eng eingebunden werden.

Zum Abschluss haben wir noch über die Aufbereitung und Visualisierung der Erkenntnisse aus UX-Research gesprochen. Rainer verzichtet für taktische Research-Fragen auf Berichte. Die Mitglieder des Entwicklungsteams sind bei den UX-Research-Sessions dabei. In einer Debriefing-Sessions werden die Erkenntnisse gemeinsam gesammelt, diskutiert und direkt in die Backlogs überführt. Der Dokumentationsaufwand wird bei taktischen UXR-Erkenntnissen auf ein Minimum reduziert. Eine kurze und knackige Doku genügt. Eine Ausnahme bilden hier strategische Research-Fragen und Handlungsempfehlungen. Damit die Handlungsempfehlungen in der strategischen Zielgruppe, z.B. Geschäftsleitung, nachvollziehbar argumentiert und zur Entscheidung gebracht werden können, sind Research-Berichte in diesen Fällen weiterhin sinnvoll.

Lesetipps

Vielen Dank, Rainer, für das Teilen Deiner Erfahrungen und die Lesetipps. Vielen Dank an alle Teilnehmenden für die spannende Diskussion. Und ein dickes Dankeschön an unsere Sponsoren cxomni, Ergosign und UX&I für die Unterstützung.

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