Der erste Beitrag auf dem UX Stammtisch Franken 02/19 zum Thema “Customer Journeys” drehte sich um die praktische Nutzung von Customer Journey Mapping. Steffi Werner und Katharina Jank von DATEV berichteten aus einem praktischen Projekt, in dem es um die Erarbeitung von Customer Journeys von mehreren Produkten ging.
Bei DATEV kommen schon länger Customer Journeys zum Einsatz. Bisher allerdings meistens so, dass die Entwicklungsteams aus interner Sicht die Reise der Kunden visualisieren. Im vorgestellten Projekt wurden die Customer Journey Maps mittels Tiefeninterviews mit Kunden erhoben und visualisiert.
Die CJ Maps sind klassisch in verschiedene Zeilen aufgeteilt. In der ersten Zeile der CJ Map werden die Phasen dargestellt. Diese Phasen werden aus den Interviews abgeleitet. Weiterhin sind in der CJ Map die Aktivitäten, Touchpoints sowie positive und negative Erlebnisse der Anwender abgebildet.
„Es gibt nicht die eine wahre Anatomie einer Customer Journey Map. Man muss sich das raussuchen, was man wirklich braucht.“
Katharina Jank (DATEV)
Bei DATEV wird zwischen User Journey und Customer Journey unterschieden. Eine Customer Journey bildet die “Reise” einer Kundengruppe auf relativ abstrakter Ebene ab. Eine User Journey fokussiert meist eine Phase in der Customer Journey und bildet die “Reise” auf einer tieferen Ebene ab.
Customer Journeys helfen bei DATEV das Denken aus Kundensicht zu fördern, Kundenbedürfnisse zu erkennen, Verbesserungspotentiale abzuleiten und Silos bzw. Bereichsgrenzen aufzubrechen. Customer Journeys sind ein strategisches Kommunikationsmittel, um das Verständnis für die Kundenerlebnisse im Unternehmen zu verbessern.
Steffi und Katharina betonten, dass es trotz des aktuellen Hype um Customer Journey eine Methode von vielen ist. Wichtiger als dem Hype zu folgen ist es, zu überlegen, ob diese Methode wirklich geeignet ist, um die Fragen des Teams zu beantworten. Customer Journeys liefern zumeist qualitative Aussagen, die nicht als fertige Lösungen verstanden werden dürfen. Sie zeigen im Wesentlichen auf abstrakter Ebene wie es momentan ist.
DATEV ging bei der Erstellung von Customer Journeys zusammen mit der Experience & Service Design-Agentur mind-centric in folgenden Schritten vor:
Interne Perspektive
Zuerst wird in einem Workshop mit dem crossfunktionalen Entwicklungsteam einem multiprofessionelles Team (u.a. Product Owner, Entwickler, Produktmanager, Außendienst, Servicemitarbeiter etc.) die Frage bearbeitet “Was denken wir, was die Kunden an den einzelnen Kontaktpunkten erleben und wie sie das bewerten?”. Dieser Schritt hilft insbesondere bei der Förderung des kundenorientierten Denken und Hypothesen für die Interviews mit Kunden zu formulieren.
Erhebung der Kundensicht qualitativ
Danach werden Kunden, die erst vor einigen Monaten die Produkte erworben haben, interviewt. Es wurde zwar ein Interviewleitfaden geschrieben. Dieser war aber eigentlich nicht wirklich nötig. In der Erhebung ist dieser nur eine grobe Orientierung, um die Reise der Kunden besser verstehen zu können, die sie mit dem Produkt erlebt haben. Es werden dabei keine Personen befragt, die sich zwar für das Produkt interessiert, es dann aber nicht gekauft haben. Hier war die Empfehlung der Beiden sich entweder dafür zu entscheiden alle Customer Journeys mit oder ohne “Abbrecher” zu erheben, damit diese vergleichbar sind.
Bei der Durchführung genügt es übrigens die Interviews per Telefon mit Screensharing zu führen. Sie verglichen sowohl telefonisches Interviews als auch Interviews im Teststudio und kommen dadurch zum Schluss, dass ein Teststudio nicht erforderlich ist. Im Interview nutzen die Interviewer das Screensharing um die Probanden die Gesprächsnotizen mitlesen zu lassen. Die Probanden können dann sofort korrigierend eingreifen. Das gab dem Interview viel mehr die Struktur, als der Leitfaden.
Erstellen der Customer Journey
Die Customer Journeys wurden in Excel dokumentiert und danach durch eine Grafikerin in enger Abstimmung mit dem Projektteam in eine schicke Visualisierung überführt. Die Bewertung der Erlebnisse wurde mittels Kurven abgebildet. Diese bildeten die Bandbreite der qualitativen Feedbacks ab. Die Customer Journey Map wurde dann großformatig gedruckt. Dieser Schritt war sehr aufwändig, wurde aber mit jeder weiteren Customer Journey Map effizienter. Hier sehen Steffi und Katharina noch Verbesserungsbedarf. Sie haben sich für zukünftige Projekte das Customer Journey-Tool smaply angeschaut.
Kommunikation der Customer Journey
Die gedruckte Customer Journey ist das wesentliche Element für die Kommunikation. Es gibt keine zusätzliche Powerpoint oder andere Berichtsformate. Diese wurden mit den Teams diskutiert und anschließend in den Teamräumen aufgehängt. Die Customer Journey Maps aus dem Projekt werden bei DATEV auch als Leuchttürme für die Veranschaulichung der Methode genutzt.
Maßnahmen ableiten
Auf Basis der Customer Journeys wurde in den Teams diskutiert und priorisiert, welche Maßnahmen auf Basis der Erkenntnisse ergriffen werden sollen.
PS: Ein herzliches Dankeschön vom Moderatoren-Team des UX Stammtisch Franken an Katharina und Steffi für die spannenden Einblicke und an Capgemini Nürnberg für die schönen Räumlichkeiten sowie die Bewirtung 🙂