From 0 to 1 – 10 Things I Have Learned Building UXD #uxbcdreamer

Wir haben das Jahr 2023 im Experience Leadership Club mit dem großartigen Vortrag von Stefan Ulrich zum Thema “From 0 to 1 – 10 18 Things I Have Learned Building UXD” gestartet.

Stefan sprach in seinem Vortrag über die wesentlichen Erkenntnisse auf seinem Weg als UX & Design Professional. Stefan begann seine Karriere mit einem Studium zu Industriedesign. Nach seinem Studium zog es ihn dann aber mehr in Richtung strategischer Designthemen. Er setzte auf den Abschluss als Industriedesigner einen MBA. Mit diesem erarbeitete er sich zusätzlich zu seinen Designkompetenzen die nötigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse. Betriebswirtschaftliche Kompetenzen sind für UX & Design Professionals, die Führungsaufgaben übernehmen wollen, erfolgsentscheidend. Sie helfen beim Brückenbauen zwischen Design & Business. Der MBA ist dafür ein kompaktes Format und ein anerkannter Abschluss. Außerdem konnte er sich darüber ein nützliches Netzwerk aufbauen. Falls Du Dich für einen MBA interessierst, dann könnte für Dich der 6wöchige d.MBA für Design Professionals interessant sein.

Stefan Ulrich

Durch seine Ausbildung und seine Tätigkeit bei der Designagentur designaffairs wurde er für Bosch Powertools sehr interessant. 2017 wechselte er dort in die Business Unit für Emerging Markets mit Headquarter in Shanghai. User Experience nahm in diesem Bereich schnell Fahrt auf. Daher bekam er bald die Gelegenheit eine UX-Abteilung aufzubauen.

Aus diesem Aufbau der UX-Abteilung hat er 18 wesentliche Erkenntnisse gewonnen:

1. Create A Burning Platform

Die Etablierung von User Experience ist nicht nur eine fachliche Herausforderung, sondern vor allem auch ein Kulturthema. Es geht nicht nur darum, bestimmte UX-Methoden oder einen bestimmten Designprozess zu etablieren. Die Hauptaufgabe bestand für Stefan darin, eine ingenieursgeprägte Kultur zu einer nutzerzentrierten Kultur zu verändern. Also von einem schnellen in technischen Lösungen hin zu einem Denken von den Nutzer:innen zu wechseln. UX Professionals sind immer auch Kulturadvokaten, ob sie wollen oder nicht. Um eine solche Veränderung erfolgreich einzuleiten, ist es wichtig ein Gefühl der Dringlichkeit zu erzeugen und klarzumachen: „Wenn wir in Zukunft so weiter machen wie bisher, werden wir Probleme bekommen.“  Es muss klar ersichtlich sein, warum die Veränderung notwendig ist. Er argumentierte dabei mit Beispielen aus dem Alltag heraus. Er sprach mit Kolleg:innen darüber, warum sie auf ihren privaten Smartphones bestimmte Apps benutzen und warum sie sich dafür entschieden haben. Das verdeutlichte im Gespräch schnell, wie wichtig und entscheidend die Nutzungserlebnisse sind.

2. Get Powerful Allies

Für die Etablierung von UX brauchen UX Professionals ein gutes Netzwerk an Unterstützer:innen im Unternehmen. In Stefans Fall gewann die Etablierung von UX so richtig an Fahrt, als das oberer Management den Auftrag für UX bekam und sich dieser in ihren Zielen wiederfand. Dadurch bekam er das Mandat und die Unterstützung, um die Integration von UX voranzutreiben. Der Veränderungsprozess für UX greift besonders gut, wenn es in den Zielen von entscheidenden Personen im Unternehmen enthalten ist. Ohne die Verankerung von UX in den Zielen des Managements wird es sehr mühsam.

3. Speak Their Language

UX Professionals sind emphatisch im Umgang mit Anwender:innen. Das sollten sie auch auf die eigenen Kollegen übertragen. Sie sollten lernen die Sprache des Business zu sprechen und die geschäftlichen Anforderungen zu verstehen. Sie sollten ihre Aktivitäten auf die Themen ausrichten, die für das Unternehmen wichtig sind. Und das ist nicht viel: Entweder geht es darum, mehr Umsatz zu erzeugen, Kosten zu sparen oder unternehmerisches Risiko zu minimieren. Es ist aus Business-Sicht immer eins von den drei Dingen auf die UX einzahlen muss. Für UX & Design Führungskräfte ist es daher wichtig, die Ansatzpunkte von UX zu diesen zentralen Aspekten zu identifizieren und die Verbindung zwischen Business sowie Design zu erstellen.

4. Don’t Bring A Knife To A Gun Fight

UX Professionals und Designer wollen da sein, wo Entscheidungen getroffen werden. Sie wollen “a seat at the table.” Aber: wenn sie dann an diesem Tisch sitzen, dann müssen sie auch wissen, was sie wollen. UX & Design Professionals müssen den kurz-, mittel- und langfristigen Mehrwert verstehen, den sie dem Unternehmen bringen, um in den Gremien richtig wirken zu können.

5. Bye Bye Specialization – Hello Management

Der Wechsel ins Management ist eine grundlegende Veränderung. Auch wenn man die erste UX oder Design Führungskraft im Unternehmen ist, darf man keine Angst vor Entscheidungen oder Fehlern haben. Man muss sich darauf einlassen, dass man Entscheidungen auch mit einer gewissen Unsicherheit treffen muss.

Außerdem geht der Wechsel ins Management mit einem Verlust an Fachlichkeit einher. UX-Manager:innen beschäftigen sich mehr mit Führungsaufgaben als mit operativer UX-Arbeit. Als UX & Design Manager:in muss man sich von dem Gedanken verabschieden, gleichzeitig der:ie beste Expert:in sein zu wollen. Man muss loslassen lernen und bei der fachliche Expertise auf seine Mitarbeitenden vertrauen.

6. Just Do It

Pilotprojekte bzw. Leuchtturm-Projekte können eine sehr hohe Strahlkraft und Wirkung bei der Etablierung von UX entfalten. Damit das gelingt, müssen die richtigen Stakeholder an Bord sein. Das bringt zum einen die richtige Aufmerksamkeit. Es kann aber zum anderen auch einen Druck mit sich bringen, der sich negativ auf das Ergebnis auswirken kann. Stefan hat gute Erfahrungen damit gemacht Leuchtturm-Projekte nicht unter die Flagge “UX ” zustellen. Stattdessen stellte er die Projektinhalt in den Vordergrund. Die UX-Denke wurde “nebenbei” im Projekt angewendet und erst nach dem erfolgreichen Abschluss des Projektes zur Argumentation genutzt.

7. Don’t Kill The Topic

Stefan hat Pilotprojekte gesehen, die gescheitert sind, weil sie zu theoretisch konzipiert wurden. Es wurden große Studien gemacht, aber als die Ergebnisse vorlagen, war niemand da, der diese aufgegriffen hat. Er empfiehlt vor dem Start eines Pilot- oder Leuchtturmprojektes darüber nachzudenken, wie mit den Ergebnissen danach umgegangen werden soll. Es ist sinnvoll schon im Vorfeld für die notwendigen Kapazitäten und Budgets zu sorgen.

8. First Seduce Then Convince

Gestaltete Objekte, wie z.B. ein Prototypen oder Mockups, können einen unglaublichen Moment im Unternehmen erzeugen. Da diese Dinge sehr greifbar und anschaulich sind, werden sie schnell zum beliebten Gesprächsthema. Sie öffnen Türen, weil sie einfach zu bewerten und zu diskutieren sind. Attraktive Prototypen und Mockups sind eine Art Überzeugungs-Hack bei der Etablierung von Design & UX im Unternehmen.

9. Connect With Others

Netzwerken, Netzwerken, Netzwerken. Der Austausch mit UX & Design Manager:innen aus dem eigenen oder aus anderen Unternehmen ist ein wichtiges Hilfsmitteln beim Vorankommen. Der Austausch über Best Practices, Vorgehensweisen und Erfahrungen hilft dabei das eigene Vorgehen zu konkretisieren und die Chance auf Erfolg zu erhöhen. Der Austausch kann auch bei typischen Fragen helfen, wie beispielsweise

  • Wie werden Mitarbeitende am besten eingebunden?
  • Wie spreche ich mit Stakeholder:innen?
  • usw.

10. Have A Lot Of Patience

Für die Etablierung von UX & Design muss man viel Geduld aufbringen. Stefan versucht seit drei jahren im Unternehmen den Unterschied zwischen qualitativen und quantitativen Studien zu vermitteln. Auch nach dieser langen Zeit wird das teilweise immer noch falsch verstanden. Stefan betrachtet Unternehmen als lebendigen Organismus. Immer in Bewegung und es dauert teilweise sehr lange bis Themen sich verankert haben. Er empfiehlt: “Auch wenn Dir das Thema schon zu den Ohren raushängt, pack noch 2 Jahre drauf und erzähle es weiter.”

11. Train Others

Wer eine Abteilung aufbauen möchte, sollte Mitarbeitende trainieren. Stefan hat gute Erfahrungen damit gemacht, sich ein UX-Thema zu schnappen, was einen Mehrwert fürs Unternehmen hat und dafür Schulungen anzubieten. Stefan hat sich sehr für UX Research interessiert. Er hat Schulungen dazu angeboten, um die Kollegen für User Research zu begeistern. Die Vorbereitung dieser Schulungen hat nicht nur zur Sensibilisierung der Kolleg:innen beigetragen, sondern auch ihm dabei geholfen, sein Wissen in UX Research zu vertiefen.

12. Your Team, Your Culture, Your Energy

Stefans Team umfasst aktuell 8 UX & Design Professionals mit unterschiedlichen Kompetenzen. Die Einstellung seines Teams war dabei gar nicht so einfach. Der Jobmarkt in China ist schwierig. Es ist schwer Menschen zu finden, die sowohl über die fachliche Expertise verfügen als auch englisch sprechen und dann noch verfügbar sind.

Bei der Einstellung von Teammitgliedern empfiehlt er nicht nur nach Kompetenzen schauen zu schauen. Der Charakter eines Menschen sollte das entscheidende Merkmal sein. Man verbringt viel Zeit mit den Menschen aus dem eigenen Team. Da muss es einfach menschlich passen. Ihm ist es sehr wichtig, dass die Menschen im Team sehr gut zusammenpassen. Deshalb trifft er Einstellungsentscheidungen immer mit dem gesamten Team.

Man sollte auch Menschen berücksichtigen, die mit Herz dabei sind, obwohl sie gar nicht zum eigenen Team gehören.

13. Accept – Other Things Are More Important Than UX

Auch wenn es schwerfällt: Es gibt Dinge, die für Unternehmen in bestimmten Situationen wichtiger sind, als UX. UX ist ein Differenzierungsmerkmal für Unternehmen. Sie hilft dabei neue Märkte zu erobern oder neue Anwender:innen zu gewinnen. Wenn es bei Unternehmen aber beginnt an die Substanz zu gehen, wie es aktuell bei manchen Unternehmen der Fall ist, dann sind diese Themen einfach wichtiger, als die Erhöhung des UX-Reifegrades. Hier müssen UX Professionals lernen sich zurück zu nehmen.

14. Haters Gonna Be Haters

Stefans Abteilung hat neben den operativen UX-Aufgaben auch den Auftrag den UX-Reifegrad des Unternehmens weiterzuentwickeln. Dabei trifft er auf viele Kolleg:innen, die den Nutzen von UX verstehen, die Veränderung mittragen oder sogar unterstützen. Er hat aber immer wieder auch mit Menschen zu tun, die UX eimmernoch kritisch sehen. Auch wenn man bei den Kritikern den Wunsch hat diese zu bekehren, sollte man davon Abstand nehmen. “Das ist verschwendete Liebesmüh.” Man sollte sich auf die Kolleg:innen konzentrieren, die die Erlebnisse von Anwender:innen und Kund:innen verbessern wollen.

15. Have Your Sh*t Together

Beim Aufbau von UX Abteilungen macht man Vieles zum ersten Mal. Es kann manchmal sehr turbulent und hektisch zugehen. Da ist es gut, wenn man von Anfang an auf eine effektive Organisation der Abläufe, gute Ablage und Ordnung achtet. Ansonsten kann Chaos entstehen, was die eigene Wirksamkeit verhindert.

16. Create A Demand You Cannot Fulfill

Man versucht meist nur soviel Bedarf und Nachfrage zu erzeugen, wie man auch erfüllen kann. Bei der Etablierung von UX ist das nicht der Fall. Hierbei ist es zielführend viel mehr Bedarf und Nachfrage zu erzeugen, als das UX-Team leisten kann. Zum einen ist es normal, das der Bedarf an UX-Maßnahmen sehr schnell steigt, wenn die Kolleg:innen erstmal den Nutzen von UX verstanden habe. Zum anderen ist der übermäßig hohe Bedarf eines der wesentlichen Argumente, um für das Wachstum des UX-Teams zu sorgen. Stefan hat den Bedarf u.a. über das Einführen von verpflichtenden UX-Prozess-Schritten gesteigert. 

17. Learn To Say “NO” & Do Less But Better

Um bei diesem Vorgehen eine Überforderung der UX Professionals zu vermeiden, müssen die Projekte mit Bedacht gewählt werden. UX Professionals müssen lernen “Nein” zu sagen, auch wenn es einfacher erscheint jedermanns Liebling zu sein. Es lohnt sich aber diesem Drang zu widerstehen und nur die UX-Aufgaben zu übernehmen, die man in einer hohen Qualität bewältigen kann.

18. Don’t Become Who They Are

Der Wechsel in eine Managementposition in einem Unternehmen kann ein Kulturschock sein. Es ist wichtig sich zu einem gewissen Grad an den neuen Kontext anzupassen. Aber man sollte sich selbst stets treu bleiben. Es ist nicht hilfreich, sich zu sehr anzugleichen und dadurch das Alleinstellungsmerkmal zu verlieren, durch das man ins Unternehmen und in diese Position gekommen ist.

Zum Abschluss von Stefans Vortrag gab es natürlich auch eine Fragerunde in dieser wurden u.a. folgende Fragen besprochen:

Als Designer:in kann man den Erfolg seiner Arbeit schwer „garantieren“ (beispielsweise höhere Conversions versprechen). Wie garantiert man den Mehrwert?

Stefan regte an, nachweisbare Korrelationen von UX und Unternehmenserfolg zu verwenden (Design Value Index; McKinsey-Studie „Business Value of Design“). Das sind natürlich Daumenregeln, die aber letztlich dennoch sehr überzeugend wirken können. Florian ergänzte, „dass die Wahrheit letztlich auf dem Platz liegt“, also den Mehrwert von UX-Arbeit im konkreten Unternehmen zu belegen (etwa mit A/B-Tests oder durch Usability-Tests). Der eigene Erfolg sollte als Story generiert und geteilt werden.

Helfen transparente UX-Metriken oder KPIs zur Kunden- und Anwenderzufriedenheit und ein Monitoring der Entwicklung, um die Teams von UX-Methoden zu begeistern?

Stefans Antwort: Große UX-Metriken, wie z.B. der NPS, lösen in Entwicklungsteams selten Begeisterung oder Motivation aus. Teams sind viel fachlicher orientiert. Sie sind begeisterst, wenn sie ihre fachlichen Ziele erreichen oder wenn es vorangeht. UX-Metriken sind in der Regel für das Management relevant. Sie zeigen auf, wie sich das Unternehmen entwickelt und helfen bei Entscheidungen.

Macht es Sinn Nicht-UXler:innen bei der Skalierung von UX einzubeziehen?

Stefans Antwort: Grundsätzlich ist es sinnvoll Nicht-UXler:innen in UX-Maßnahmen als Stakeholder einzubeziehen. Teilweise hilft es auch einzelne UX-Kompetenzen an Nicht-UXler:innen zu vermitteln. Stefans UX-Abteilung sorgt beispielsweise dafür, dass Mitarbeitenden, die im Feld mit Anwender:innen Interviews durchführen, Interviewtechniken vermittelt bekommen. Die Skalierung von UX im Unternehmen sollte aber nicht von Nicht-UXler:innen abhängig gemacht werden. Programme zur Vermittlung von UX-Kompetenzen an Nicht-UXler:innen sind dann sinnvoll, wenn der Reifegrad des Unternehmens entsprechend weit entwickelt ist.

Dankeschön

Ein dickes Dankeschön an Stefan Ulrich für seinen inspirierenden und erkenntnisreichen Beitrag. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei unseren Sponsoren UX&I, cxomni sowie UID für die Unterstützung des Experience Leadership Clubs bedanken. Danke 🙂

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