Mit journey-zentriertem Arbeiten bessere CX & UX erreichen #experiencecampfire

Journey Management und journey-zentriertes Arbeiten sind aktuell die Top-Themen im CX/UX-Bereich. Umso mehr habe ich mich über die Diskussion im Experience Campfire zu “Mit journey-zentriertem Arbeiten bessere CX & UX erreichen” gefreut. Wir haben mit Peter Eisele (Head of Customer Journey Design & Analytics bei congstar) darüber gesprochen, was journey-zentriertes Arbeiten ist und wie man es erfolgreich etabliert. 

Los ging es mit dem Begriff der Kundenzentrierung. Der Begriff wird in der Praxis häufig verwendet, ohne dass es dafür im Unternehmen ein einheitliches Verständnis gibt. Für die einen bedeutet Kundenzentrierung eine Marktforschungsstudie zu machen, für andere heißt es selbst als Kund:in die Services des Unternehmens zu nutzen und für manche heißt es auch einfach nur, den Ehepartner mal nach seiner/ihrer Meinung zu fragen.

“In Excel kann man Kundenzentrierung nicht abbilden.”

Peter Eisele

Kundenzentrierung ist eine Sache der Einstellung (aka “Mindset”). Sie lässt sich nicht als Stabsstelle erreichen. Peter empfiehlt, den Begriff der Kundenzentrierung nicht in den Vordergrund der Arbeit und v..a der Kommunikation zu stellen. Wichtiger ist es, mit den Mitarbeitenden gemeinsam daran zu arbeiten, die Kundenerlebnisse konkret zu verbessern. Das kann in der Praxis eine große Vereinfachung bedeuten. Denn dann geht es vorrangig darum, die Zusammenarbeit auf Basis von Journeys zu verändern und nicht den Kollegen und dessen Einstellungen. Dieses Vorgehen erzeugt einfach deutlich weniger Abwehrreaktionen und Ängste, als wenn man direkt das Handeln des einzelnen Mitarbeitenden verändern will. Er hat gute Erfahrungen damit gemacht, nicht die Methode “Journey” in den Mittelpunkt zu stellen. Stattdessen fordert er seine Kolleg:innen dazu auf, gemeinsam auf die Journey zu schauen und das zu ändern, was nötig ist, damit es “vor Kunde” besser läuft.

“Customer Experiences versteht man nur, wenn man sie in Journeys betrachtet.”

Peter Eisele

Der Einstieg in das journey-zentrierte Arbeiten gelingt gut, wenn man mit Journeys als Workshop-Tool einsteigt. Dabei geht es darum, Journeys zu mappen und Erkenntnisse zu generieren. Im ersten Schritt tritt dabei das Problem auf, dass Journeys an der Wand oder in einem Whiteboard-Tool landen. Die Umsetzung der Insights ist in diesem Schritt ein verbreitetes Problem. 

Wenn man dann gut verstanden hat, wie die Methode für das Unternehmen funktioniert, dann ist der nächste Schritt, Journeys als Projektmanagement-Tool einzusetzen. Dabei werden Journeys für die Dauer eines gesamten Projektes dafür genutzt, die Kundenerlebnisse sichtbar zu machen und gut zu gestalten. 

Wenn das gut klappt, ist es an der Zeit, Journeys zum Informationsmanagement- und Managementsystem zu erweitern. In diesem Schritt bilden Journeys mehr und mehr eine Grundlage für Managemententscheidungen und die Zusammenarbeit im ganzen Unternehmen.

Wichtig ist, sich bewusst zu sein, dass Journeys lebendig sind. Sie sind nie fertig. Alles, was das Unternehmen tut, verändert die Journey der Kund:innen laufend.

“Man muss begreifen, dass journey-zentriertes Arbeiten ein Lernprozess ist.”

Peter Eisele

Bei der Einführung von Journeys wird sehr oft mit dem Tooling begonnen. So hat auch Peter angefangen. Rückblickend sagt er “Das Tool ist eigentlich egal.”. Er empfiehlt, das Tool ganz hinten anzustellen. Es genügt, wenn man ein einfaches Werkzeug zum Mappen von Journeys hat, wie z.B. Miro. 

Viel wichtiger ist es seiner Erfahrung nach, dass die Verantwortlichkeiten für Journeys geklärt werden. Es muss jemanden geben, der für eine Journey verantwortlich ist und sich darum kümmert. Hilfreich ist dafür die Rolle “Journey Owner”. Das sind Menschen, die ein gutes Kundenverständnis haben und sich mit Elan für die Kundenerlebnisse einsetzen wollen. Hilfreich sind dabei grundlegende Kenntnisse zu Produktmanagement und Service Design. Diese Kenntnisse sind aber keine zwingende Voraussetzung. Wichtiger ist die Motivation, für die Kund:innen bessere Erlebnisse erreichen zu wollen. Damit diese Rolle wirksam ist, müssen die Mitarbeitenden die Rolle idealerweise zu 100% ausführen. 

Wenn man mit Journeys arbeitet, dann kann es schnell passieren, dass es immer schwerer fällt, den Überblick zu behalten. Er hat für seine Arbeit ein Framework genutzt, welches Journeys in High Level Journeys, Sub Journeys und Micro Journeys unterteilt. Die Struktur muss in der Praxis aber flexibel genutzt werden. Politische Diskussionen, welches Thema genau wie in das Framework passt, sind nicht zielführend.

“Die Realität der Journeys hält sich nicht an unser Framework.” 

Peter Eisele

Heute arbeitet er so, dass er sich mit seinem Team auf jeweils 2-3 Journeys konzentriert, in denen es Probleme gibt. Die Priorisierung dieser Journeys kann sehr aufwändig sein und schnell in politische Diskussionen führen. Und auf einmal ist man dann nicht mehr in der Kundensicht, sondern schaut nur noch intern auf die Journey. Bevor man sich in der Priorisierung verzettelt, empfiehlt Peter mit den Journeys zu beginnen, bei denen der Schmerz für das Unternehmen am größten ist und an denen man am ehesten etwas verbessern kann. Er empfiehlt, dann einfach mit der Betrachtung der Journey zu beginnen und diese über Daten Schritt für Schritt zu konkretisieren.

Neben der unterschiedlichen Nutzungsszenarien von Journeys (Workshop, Projektmanagement, Managementsystem), der Rolle “Journey Owner:innen”, der Strukturierung von Journeys und dem Priorisieren spielt die Managementunterstützung eine entscheidende Rolle. Man kann mit Journeys zwar bottom-up anfangen, aber spätestens, wenn es um Journey Management geht, braucht man den Auftrag und das Commitment vom Unternehmen. Ansonsten kommt man schnell an die Grenzen der eigenen Ressourcen. 

Peter arbeitet überwiegend mit datenbasierten Journeys. Für alle Journeys nutzt er dabei ein Minimum-Set an Metriken, was für sein Team leicht einzubauen und zu managen ist. Dieses besteht aus dem Customer Effort Score (CES). Diese Metrik wurde ausgewählt, da sie am besten den Einfluss auf den Unternehmenserfolg zum Ausdruck bringt. Bei ausgewählten Journeys wird darüber hinaus der NPS genutzt. Da wo es sinnvoll und hilfreich ist, kommen weitere Performance Metriken, wie z.B. Conversion Rate oder Servicekosten, sowie Perception Metrics, wie z.B. “Wie war es für Dich”-Befragungen, zum Einsatz. Für einen effizienten Einbau des Customer Effort Scores in die Journeys nutzt er das Enterprise-Feedback-Management-System von Medallia. Dieses bietet gute Möglichkeiten Befragungen an Journeys  anzudocken.

Die Einführung von neuen Metriken kann dabei zu einer Herausforderung werden. Es kann passieren, dass man schnell im Verantwortungsbereich anderer Kolleg:innen landet. Er empfiehlt, neue Metriken da einzuführen, wo die Organisation den Schmerz spürt, damit sie von sich aus Wichtigkeit erkennt. Da fragt die Geschäftsleitung von allein nach und sorgt für eine gute Motivation für den Einbau.

Die Integration von Erkenntnissen aus Journeys in die Produktentwicklung ist immer noch eine große Herausforderung. Die beteiligten Rollen, wie POs und CXler:innen müssen in eine natürliche Zusammenarbeit kommen. Das kann über die gemeinsame Priorisierung von Vorhaben auf Basis des CX-Impacts passieren. Besser ist es, wenn Journey Owner:innen und POs gemeinsam auf die Journeys schauen und dann gemeinsam entscheiden, wie das Kundenerlebnis verbessert werden kann. Für die Umsetzung ist es hilfreich, wenn sich interdisziplinäres Teams, um die Umsetzung und den Betrieb einer kompletten Journey kümmern.

Ein wesentliches Merkmal von Journey Management ist das Brücken bauen. Peter hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten Mitarbeitenden Bock darauf haben, ein gutes Kundenerlebnis zu erreichen. Es genügt, immer wieder Momente zu schaffen, die das Bewusstsein für Kund:innen schärfen. Es reichen schon UX Tests, an denen Mitarbeitende zuschauen können. Das stärkt das Kundenverständnis und die Bereitschaft an Pain Points zu arbeiten.

“Man muss die Kolleg:innen einfach immer mal wieder daran erinnern, dass es nicht darum geht Excel zu befüllen, sondern was für die Kund:innen zu erreichen.”

Peter Eisele

Zum Abschluss habe ich Peter gefragt, welche Kompetenzen UX-/CX-Professionals haben sollten, wenn sie sich mit Journey Management beschäftigen wollen. Seine Antwort: “Es gibt nicht die eine Kompetenz.” Er sieht drei große Kompetenzfelder – Research, Design und Implementierung. Man sollte selbst Research-Methoden nutzen können, um Erkenntnisse zu generieren. Man sollte im Sinne von Design Thinking in der Lage sein, Probleme zu erkennen, Design-Challenge zu definieren und Lösungen dafür zu entwickeln. Und man sollte in der Lage sein, die Erkenntnisse zu implementieren. Man sollte nicht nur in Powerpoint bleiben, sondern bereit sein dafür zu sorgen, dass das Unternehmen die Erkenntnisse nutzt und umsetzt. Dabei sind natürlich gute Kommunikationsfähigkeiten hilfreich.

💜 Vielen Dank, Peter, für die hilfreichen Einblicke und die inspirierenden Impulse. Vielen Dank an alle Teilnehmenden für die spannenden Fragen. Und ein dickes Dankeschön an unsere Sponsoren UX&I und cxomni für die Unterstützung. 💜

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2 Kommentare zu „Mit journey-zentriertem Arbeiten bessere CX & UX erreichen #experiencecampfire“

  1. Anna Sippl

    Danke für die Zusammenfassung. So kann ich etwas von eurer Diskussion profitieren, ohne dabei gewesen zu sein. Habt ihr über ein spezielles Framework gesprochen? Ich könnte mir vorstellen, dass mir ein gutes Framework bei internen Diskussionen helfen könnte. Wir sprechen viel über Customer Journeys im Unternehmen, aber haben dabei sehr unterschiedliche Flughöhen in der Betrachtungsweise.

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