15 Best Practices für den erfolgreichen Aufbau von UX-Communities

UX-Communities helfen bei der Etablierung von UX im Unternehmen. Sie geben UX-Interessierten und UX-Professionals einen Raum für Austausch und gegenseitige Unterstützung. Sie fördern das Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit. Sie unterstützen die UX-Professionals im Unternehmen dabei, die nötige Ausdauer für die Etablierung von UX im Unternehmen aufzubringen.

Ich nutze sehr gern das Prinzip der UX-Communities, und insbesondere das der Community of Practice (CoP), um bestimmte Kompetenzen im Unternehmen wirksam zu platzieren und zu entwickeln. Eine Community of Practice ist im Grunde nicht mehr als eine praxisbezogene Gemeinschaft von Personen, die ähnliche Aufgaben haben und voneinander lernen wollen. Als UX-Community ist sie gleichermaßen Selbsthilfegruppe, Lerngemeinschaft und Unterstützungsnetzwerk für die tägliche Arbeit von UX-Professionals.

Ich habe in den letzten Jahren selbst mehrere UX-Communities aufgebaut oder deren Aufbau verantwortet. Aus diesen Erfahrungen möchte ich die wesentlichen Best Practices zusammenfassen, die Dich beim erfolgreichen Aufbau von UX-Communities unterstützen können.

1. Community-Manager:in oder Community-Team engagieren

Engagiere eine Person, die sich um die Organisation, Moderation und Weiterentwicklung der UX-Community kümmert. Die Person sollte sich mit den UX-Themen der Community auskennen, Leidenschaft dafür haben und möglichst die Interessen sowie Bedürfnisse der potentiellen Community-Mitglieder kennen. Idealerweise ist es nicht nur eine einzige Person, sondern zwei Personen oder ein Community-Team. So können die Organisationsaufgaben besser verteilt werden und werden auch erledigt, wenn eine Person mal nicht da ist.

2. Zielklarheit – das Wohin klären

Definiere den Zweck bzw. das Ziel der UX-Community. SDen UX-Professionals sollte klar sein, warum es die UX-Community gibt und welches Ziel sie erfolgt. Es hilft darüber hinaus mit den Mitgliedern der Community eine gemeinsame Strategie für die Erreichung des Ziels zu erarbeiten und entsprechende Handlungsfelder bzw. Schritte zur Zielerreichung zu definieren.

3. Rollenklarheit – das Warum definieren

Damit Deine UX-Community im Unternehmen gut wirken kann, sollten die Mitglieder ihre Rolle gut verstehen. Du schaffst am besten Rollenklarheit, indem du die Verantwortung und die Aufgaben der Mitglieder der UX-Community gemeinsam mit ihnen definierst, mit dem Management des Unternehmens vereinbarst und mit Hilfe von Retrospektiven regelmäßig überprüfst.

4. Mehrwert für die Community-Mitglieder schaffen

Die Mitglieder der UX-Community werden sich dann aktiv einbringen und dauerhaft in der Community mitarbeiten, wenn sie einen Mehrwert für sich selbst erkennen. Es ist deshalb wichtig, schon bei der Gründung der UX-Community dafür zu sorgen, dass diese Mehrwerte entstehen und die Community-Entwicklung darauf ausgelegt wird. Mehrwerte können beispielsweise gute berufliche Netzwerke, Vorteile bei der persönlichen Weiterentwicklung oder Unterstützung bei kniffligen Aufgaben sein.

5. Regelmäßige Austauschtermine organisieren

Die Bildung einer starken Community beginnt mit dem regelmäßige Austausch unter Interessierten. Durch das regelmäßige Treffen und den Austausch entstehen Zusammengehörigkeitsgefühl und persönliche Verbindungen. Daher solltest Du gerade am Anfang für fixe und regelmäßige Termine sorgen. Insbesondere der erste Termin sollte dabei in Person stattfinden. Im weiteren Verlauf genügen persönliche Treffen 1-2x im Jahr. Die restlichen Termine können online stattfinden. Eine gute Taktung für Community-Termine ist zu Beginn ca. einmal im Monat. Später kannst Du von festen monatlichen Terminen auf individuelle Terminen wechseln, die speziell für einzelne Themen veranstaltet werden. Es ist hilfreich, eine hohe Transparenz über die Themen und Termine der Community unter den Mitgliedern zu schaffen. Das erhöht die Beteiligung und macht es einfach, sich zu den passenden Terminen anzumelden.

6. Sichtbarkeit durch unternehmensinterne Kommunikation erzeugen

Die Terminankündigungen, Zusammenfassungen von Terminen und die Kommunikation rund um Themen der Community verschaffen ihr intern die nötige Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit. Es ist eine Art Dauersensibilisierung für alle Mitarbeitenden des Unternehmens. Für die Community-Mitglieder entsteht durch die Sichtbarkeit auch eine Legitimation für ihre Teilnahme, da die Veranstaltungen etwas “Offizielles” sind. Als Kanäle eignen sich unternehmensintern beispielsweise Intranet, interne Blogs, Vortragsreihen, Townhall-Meetings, interne Social-Media-Kanäle, Formate anderer Communities, Management-Veranstaltungen, Veranstaltungen für Mitarbeitende, Barcamps und Lernveranstaltungen.

7. Durch externe Impulse inspirieren

Zu Beginn heißt es, Mitarbeitende für die Community zu interessieren. Hierbei habe ich gute Erfahrungen mit externen Impulsen aus anderen Unternehmen gemacht. Lade Dir einfach UX-Professionals aus anderen Unternehmen ein und biete ihnen eine Bühne, auf der sie über ihre Erfahrungen berichten können. Diese Impulse inspirieren Interessierte und Community-Mitglieder. Es gibt ihnen die Möglichkeit, einen Blick über den Tellerrand des eigenen Unternehmens zu werfen. Die Impulse sollten zu den aktuellen Interessen der Community-Mitglieder und zu den Themen der Community passen. Das sich die Arbeitsweisen zwischen unterschiedlichen Unternehmen stark unterscheiden können, kann es zu Widersprüchen bei externen Impulsen kommen. Diese Widersprüche können eine gute Ausgangsbasis für Diskussionen rund um Verbesserungen sein. Daher solltest Du auch externe Impulse organisieren bzw. zulassen, die im Widerspruch zum Vorgehen in Eurem Unternehmen stehen.

8. Strukturiertes Onboarding neuer Community-Mitglieder

Wenn Du es geschafft hast, dass sich Mitarbeitende für Deine UX-Community interessieren, dann benötigst Du einen guten Onboarding-Prozess. Du solltest dafür sorgen, dass neue Community-Mitglieder strukturiert in die Community aufgenommen und eingeführt werden. Bei größeren UX-Communities, die mit einer Jobrolle verbunden sind, z.B. UX-Research-Community, kann es sinnvoll sein, den Neuen erfahrene Pat:innen zur Seite zu stellen und regelmäßige Kennenlern-Treffen mit erfahrenen Mitgliedern der UX-Community zu organisieren. (Siehe auch: “Herzlich Willkommen, UX Designer:in. UX-Onboarding bei DATEV”)

9. Kollaborative Werkzeuge nutzen

Kollaborative Werkzeuge, wie Figma oder Research Repositories, erleichtern die Zusammenarbeit in der Community. Sie schaffen Transparenz über die Arbeiten der Community-Mitglieder und erleichtern die Kommunikation mit anderen Communities bzw. Stakeholdern.

10. Angebote zum Kompetenzaufbau schaffen

Nachdem Du Deine Community etabliert hast, solltest Du in den Auf- und Ausbau der Kompetenzen der Community-Mitglieder investieren. Das sorgt für eine Verbesserung der Qualität und Nachhaltigkeit der Ergebnisse. Entwicklungsleitfäden oder Career Frameworks schaffen ein gemeinsames Verständnis zu den nötigen Kompetenzen und geben den Community-Mitgliedern eine Orientierung beim Kompetenzausbau. (Siehe https://progression.fyi/) Zusätzliche Entwicklungs- bzw. Weiterentwicklungsprogramm können insbesondere für Junior UX-Professionals hilfreich sein. Ob die Weiterbildungsangebote dabei eigenentwickelt oder eingekauft werden, hängt davon ab, wie viele Ressourcen Dir intern dafür zur Verfügung stehen. Unabhängig wer die Weiterbildungsangebote entwickelt: Sie sollten sich auf jeden Fall an den Interessen und Bedürfnissen der Community-Mitglieder orientieren.

11. Formate für Wissenstransfer nutzen

Den Wissenstransfer unter den Community-Mitgliedern kannst Du mit gemeinsamen Projekten oder Gelegenheiten für das gemeinsame Lernen fördern. Einige Unternehmen nutzen dafür interne regelmäßige UX-Barcamps. Sie werden 1-2x im Jahr angeboten. Auf den Barcamps können sich UX-Professionals in Kleingruppen oder auch unter vier Augen austauschen und an gemeinsamen Themen und Projekte arbeiten.

12. Personal-Führungskräfte der Community-Mitglieder einbinden

In dezentralen Organisationsmodellen oder wenn Deine Community-Mitglieder durch viele unterschiedliche Führungskräfte geführt werden, ist es sinnvoll, diese Führungskräfte über die Community-Arbeit zumindest informiert zu halten. Wenn Deine Community für die Führung einer Jobrolle genutzt wird, dann ist darüber hinaus ein enger und regelmäßiger Austausch zwischen Community-Leads und Führungskräften notwendig. Auf diese Weise erfahren die Führungskräfte, was ihre Mitarbeitenden in der Community machen und welchen Wertbeitrag sie so für das Unternehmen generieren. So können sie die Community-Arbeit bei der Bewertung ihrer Mitarbeitenden und bei der Weiterentwicklung ihrer Mitarbeitenden berücksichtigen und entsprechend wertschätzen.

13. Übergreifenden Themen unternehmensweit priorisieren

Eine Community bietet sich wunderbar an, um an unternehmensübergreifenden Themen zu arbeiten. Sei es das Designsystem für die Produktgestaltung, UI-Patterns oder UX-Messungen. Community-Mitglieder arbeiten in der Regel neben ihrer normalen Tätigkeit an Community-Themen. Damit sie größere Zeitaufwände in diese Themen investieren können bzw. dürfen, sollten die Themen mit einer unternehmensweiten Priorität in die Backlogs oder Planungen der verschiedenen Teams kommen. Ohne eine unternehmensübergreifende Priorität werden sie vermutlich liegen bleiben (müssen).

14. Community durch verbindliche Standards unterstützen

Communities eignen sich außerdem gut dafür, unternehmensweit Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken. Die Community-Mitglieder wirken dabei als Multiplikator:innen und tragen die Themen fast von allein in ihren Teams. Wenn es aber nicht nur darum geht, für bestimmte Themen zu sensibilisieren, sondern bestimmte Themen, wie z.B. das Testen mit echten Nutzer:innen, im Unternehmen zu etablieren, dann genügt der Multiplikatoren-Ansatz nicht. Er kann dann sogar nachteilig für die Personen sein, die die Themen ins Unternehmen tragen und für deren Umsetzung sorgen sollen. Wenn es hart auf hart kommt und sich ein Team beispielsweise weigert, Tests mit echten Nutzer:innen durchzuführen, ist das sehr frustrierend für den oder die Multiplikator:in. In manchen Situationen kann das auch dazu führen, dass das Ansehen der Personen im Team sinkt.

Wenn etwas in einem Unternehmen übergreifend konsistent umgesetzt werden soll, dann braucht es dafür verbindliche Standards und entsprechende Kontrollmechanismen. Das gilt auch für agile Organisationsformen. Die Community-Mitglieder sind dann nicht nur Multiplikator:innen. Sie werden zu den Unterstützer:innen, die den Produktverantwortlichen beim “Nehmen” der Governance-Hürden helfen. Vorausgesetzt, die Standards und Vorgaben passen zur Arbeitspraxis der Entwicklungsteams, sind praktikabel und deren Einhaltung wird nicht durch die Community-Mitglieder, sondern von einer Governance-Stelle geprüft.

15. Auch in einer aktiven Community konsumieren die meisten

Es ist normal, dass sich nur ein kleinerer Teil der Mitglieder sehr aktiv einbringt. Wenn 10-20% der Mitglieder Deiner UX-Community aktiv sind und sich einbringen, bist Du gut unterwegs. Um die Aktivität der Community-Mitglieder zu fördern, hilft es in den Terminen genügend Raum für Diskussionen lassen und die Community-Formate auf Interaktion auszulegen. Damit werden die Community-Mitglieder regelmäßig eingeladen, sich einzubringen und gewöhnen sich nicht an eine Konsumenten-Haltung. Es kann auch sinnvoll sein einzelne Community-Mitglieder direkt anzusprechen und zur Mitarbeit einzuladen.

Weitere Tipps

Online-Kurs

Aufbau und Weiterentwicklung von UX Communities

In diesem Kurs erfährst Du, wie UX Communities aufgebaut und weiterentwickelt werden können und es gibt es praktische Tipps, die Dir beim Auf- und Ausbau deiner Community helfen sollen.

Der Kurs richtet sich an UX Professionals, die eine UX Community bei sich im Unternehmen etablieren oder ausbauen wollen.

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