Ohne Hürden: Erfolgreich zur digitalen Barrierefreiheit – Webinar mit Marcel Bertram und Daniel Diener

Digitale Barrierefreiheit ist heute nicht nur eine Frage der Gesetzeskonformität, sondern ein wesentlicher Aspekt von User Experience und wirtschaftlichem Erfolg. In unserem Webinar im Oktober haben die beiden Experten für Barrierefreiheit Marcel Bertram und Daniel Diener ihre praktischen Erfahrungen bei der Etablierung und Umsetzung von Barrierefreiheit im Überblick vorgestellt. Beide sind erfahrene UX- und Accessibility-Spezialisten bei einem großen Automobilkonzern. Mit ihrem Unternehmen A11YPLAN unterstützen sie Unternehmen in Beratungsprojekten und mit Tools rund um Barrierefreiheit. 

Foto von Marcel Bertram und Daniel Diener

Was bedeutet digitale Barrierefreiheit?  

Marcel und Daniel betonten, dass es dabei um den gleichwertigen Zugang zu digitalen Inhalten für alle Menschen geht, unabhängig von körperlichen oder sensorischen Einschränkungen. Ihre prägnante Definition: 

Barrierefreiheit schafft somit bessere Erlebnisse für jeden – auch für Personen ohne Einschränkungen. Ein Beispiel? Der „High Contrast“-Modus erleichtert auch für Brillenträger das Lesen auf mobilen Geräten bei starkem Sonnenschein.  

Warum ist Barrierefreiheit wichtig?  

Barrierefreiheit ist nicht nur ein gesetzliches Muss, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil. Die beiden Gäste verdeutlichten wie kritisch eine mangelhafte Umsetzung von Barrierefreiheit sein kann. Wenn man einmal miterlebt hat, welche Panik entsteht, wenn ein Unternehmen aufgrund mangelhafter Barrierefreiheit verklagt wurde, versteht man schnell, wie wichtig es ist, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen und Barrierefreiheit strukturell zu verankern. 

sagten sie, und empfehlen, dass Unternehmen nicht nur das Gesetz, sondern auch die positiven Effekte für Kundenzufriedenheit und Marktreichweite im Blick behalten.  

Dimensionen der Barrierefreiheit  

Digitale Barrierefreiheit ist ein komplexes Feld. Marcel und Daniel erklärten, dass es zwei zentrale Dimensionen gibt: die menschlichen und die technischen Hürden.  

1. Menschliche Hürden: Diese liegen oft in körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen der Nutzer selbst. Menschen mit Seh-, Hör- oder Bewegungsproblemen sind hier besonders betroffen.

2. Technische Hürden: Auch Geräte, die Qualität der Internetverbindung oder technische Probleme in der Gestaltung der digitalen Angebote können Barrieren erzeugen. Beispielhaft ist eine Situation, die jeder kennt: schwaches Internet im Zug, das den Zugang zu schwerfälligen Websites erschwert.  

Wie entsteht ein guter Plan für die Etablierung von Barrierefreiheit?  

Viele Länder weltweit und in Europa haben verbindliche Gesetze für Barrierefreiheit verabschiedet. Ab 2025 werden Unternehmen auch in Deutschland verpflichtet sein, digitale Barrierefreiheit umzusetzen. Die Nichteinhaltung von Vorgaben für Barrierefreiheit ist in vielen Ländern mit entsprechenden Strafen verbunden. Das reicht von Bußgeldern bis hin zur behördlich angeordneten Einstellung von Produkten. In den USA gab es im letzten Jahr 4.600 Klagen aufgrund mangelhafter Barrierefreiheit. 25% der verklagten Unternehmen wurden mehrfach verklagt.

Marcel und Daniel erklärten, dass Unternehmen oft nicht wissen, wie sie beginnen sollen. „Wir empfehlen, mit klaren Phasen zu arbeiten,“ erklärten sie. Wichtig sei, den Prozess in kleine Schritte zu zerlegen und mit den wesentlichen Elementen der User Journey zu beginnen – etwa Homepage und zentrale Funktionen, die essentiell für das Unternehmen und dessen Kunden sind. Wichtig ist es, im Unternehmen klar zu vereinbaren und festzulegen, was wie barrierefrei sein soll. (Produktteile, User Journeys, …)

Ein guter Plan für digitale Barrierefreiheit sollte 

  • automatisierte Tests
  • manuelle Prüfungen
  • Tests mit betroffenen Nutzern
  • Erklärung für Barrierefreiheit für Webseiten und Produkte
  • Reporting 
  • Training

beinhalten. 

Barrierefreiheit umsetzen und testen  

Bei der Umsetzung von Barrierefreiheit geht es im Wesentlichen darum, dass Bedienoberflächen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sind. Die Grundlage dafür bildet die WCAG 2.1.

Die praktische Umsetzung von Barrierefreiheit beginnt beim Programmcode. Hierfür bieten sich spezifische Entwickler-Tools an, wie z. B. Google Chrome Inspect, Chrome Lighthouse und andere Browser-Plugins. Marcel betonte: 

Die Umsetzung technischer Details wie Kontraste, Alternativtexte und Fokuszustände im Quellcode sei essentiell, um für Screenreader und Menschen mit Einschränkungen verständliche und nutzbare Produkte zu schaffen.  

Bild eines Barrierefreiheitschecks mit A11plan.

Die Umsetzung von Barrierefreiheit ist Teamarbeit. Unterschiedliche Rollen der Softwareentwicklung können dazu beitragen:

  • Researcher:innen: Verständnis für Menschen mit Einschränkungen ins Unternehmen tragen
  • Designer:innen: visuelle Aspekte der Barrierefreiheit adressieren
  • Content Creation: barrierefreie Texte bereitstellen
  • Entwickler:innen: Barrierefreiheit im Code berücksichtigen
  • Management: Etablierung vorantreiben.

Umfassende Tests sind der Schlüssel zur Sicherstellung von Barrierefreiheit. Marcel und Daniel raten dazu, mit realen Nutzern zu testen und so direkte Einsichten zu erhalten. Diese Tests helfen nicht nur, die Perspektive der Betroffenen besser zu verstehen, sondern unterstützen auch, für das Thema Verständnis im Unternehmen zu schaffen.  

Stakeholder von Barrierefreiheit überzeugen  

Die beiden Experten empfehlen Barrierefreiheit vor allem über die ökonomischen Vorteile zu argumentieren. Zum Beispiel sorgt eine barrierefreie Seite nicht nur für eine größere Zielgruppenreichweite, sondern wirkt sich auch positiv auf das Suchmaschinenranking aus – Suchmaschinen bevorzugen strukturierte und zugängliche Seiten. Unternehmen, die hier frühzeitig investieren, erzielen langfristig Wettbewerbsvorteile.  

Mitarbeitende schulen und sensibilisieren  

Ein entscheidender Schritt ist die Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeitenden. Marcel und Daniel setzen dabei auf eine praxisnahe Ausbildung: konkrete Beispiele, Fehleranalysen und Übungen für die Entwicklung barrierefreier Codes. Auch empfohlene Tools und Guidelines erleichtern es den Teams, Fehler zu beheben und präventiv richtig zu gestalten. 

erklärte Daniel. Dies schafft Vertrauen und Wissen, um Barrierefreiheit kontinuierlich zu sichern.

Fazit: Barrierefreiheit als Chance nutzen  

Digitale Barrierefreiheit ist weit mehr als eine gesetzliche Notwendigkeit – sie bietet Unternehmen die Möglichkeit, nutzerfreundlicher, zugänglicher und erfolgreicher zu sein. Daniel und Marcel betonten, dass Barrierefreiheit letztlich jeden von uns betrifft, sei es bei schwachem Internet oder bei blendendem Sonnenlicht. Unternehmen, die frühzeitig auf Barrierefreiheit setzen, profitieren nicht nur von einer breiteren Zielgruppe, sondern tragen auch zu einem inklusiven Internet bei.

Vielen Dank

Ein großes Dankeschön an unsere Gäste Marcel Bertram und Daniel Diener von A11YPlan für ihre inspirierenden Einblicke und praktischen Ratschläge, und an unseren Sponsor cxomni, ohne den dieses Event nicht möglich gewesen wäre.  

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